Editorial 09/09: Das eigene Gärtchen

Prof. Dr. Helmut Erbersdobler
HerausgeberKürzlich saß ich anlässlich einer Feier mit Doktoranden unseres Instituts zusammen – bei selbstgebackenem Kuchen, versteht sich – und wir plauderten über dies und das.

Irgendwann erzählte ich, dass es in diesem Jahr so viele Johannisbeeren gegeben hätte, dass ich gar nicht wüsste, wo ich sie unterbringen sollte. Plötzlich beteiligten sich alle in der Runde am Thema und berichteten über ihre Gartenerfolge. So erzählte z. B. eine Mitarbeiterin, sie hätte bereits so viele und schöne Bohnen, dass es eine Wonne wäre. Ich, der ich bei meinen älteren Kindern nie eine Gartenschere in der Hand sah, geschweige denn einen Spaten, kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Einige Tage später las ich den Schwerpunkt-Artikel in diesem Heft „Re-Imagine Quality“ (Seite 522) und erfuhr dort, dass die Orientierung jüngerer Menschen zum selbst Einkaufen, Kochen und Gärtnern dem derzeitigen Trend entspricht. Vielleicht spielt bei diesem Phänomen ein gewisser Überdruss an den hochgejubelten Angeboten der Wirtschaft (z. B. Superfruits) eine Rolle oder vielleicht auch die derzeitigen Berichte über Imitate (bei Käse & Co.). Viele werden denken: „Da weiß man doch, was man an den eigenen Früchten hat, die man u. a. für das Müsli im laufenden Jahr portionsweise einfrieren kann.“

Aber es gibt auch noch weitere Trends, die der Artikel aufzeigt, die man meiner Meinung nach sicher differenziert betrachten muss: Der Trend Kochsendungen: Sicher, die Welle der Kochsendungen im Fernsehen ist ungebrochen, doch innerhalb der Arbeitswoche haben Berufstätige wenig Zeit zum gemeinsamen Kochen und man geht dann doch wieder in die Kantine oder nimmt sich eine Stulle mit.

Der Einfluss der Wirtschaftskrise: Dass durch die Wirtschaftskrise einige Discounter, ferner Fast Food Betriebe, aber auch Bio-Anbieter Federn lassen mussten, schreiben inzwischen auch die Zeitungen. Sie berichten aber auch, dass sich Deutsche im Urlaub nur noch selten ein gutes Essen im Restaurant gönnen, sondern sich hauptsächlich an Pizza- und Pommes-Buden verköstigen. Ist da manches Fast Food Restaurant schon so teuer, dass wir wieder selbst kochen?

Der Trend zu mehr Qualität wird sich hoffentlich weiter durchsetzen. Auch Discounter bieten zunehmend Premium-Artikel, u. a. Bioprodukte, hochwertige Käsesorten oder Weine aus Spitzengebieten zu höheren, aber akzeptablen Preisen an. Gute Produkte sind dann auch bereits am zweiten Tag ausverkauft und man munkelt sicher nicht zu Unrecht, dass die Käufer nicht gerade aus der ärmeren Schicht kommen. Trotz allem Optimismus und dem Schwenk ins Traditionelle wage ich nicht die Prognose, dass der viele „Schrott“, der heute im Regal steht, daraus verschwindet. Die Tüte Hühnersuppe zum Beispiel, bei der das einzige Produkt vom Huhn – 4 g Hühnerfett – weit hinten bei den Zutaten steht, ist vermutlich nicht auszurotten. Welcher Verbraucher hat schon die Zeit, die kleingedruckte Zutatenliste zu lesen?

Lassen sie uns hoffen, dass das Qualitätsdenken zwar langsam, aber sicher die Oberhand gewinnt.

Herzlichst,  Ihr Helmut Erbersdobler

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