Nachschlag: Unerwünschte Coronanebenwirkungen
- 15.09.2021
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- Helmut Heseker
Aber manchmal ist es einfach schön, sich bedienen zu lassen und neue kulinarische Erfahrungen zu sammeln. So war es vor der durch die COVID-19-Pandemie erzwungenen Gastronomieabstinenz. Um in dieser grauen Zeit nicht gänzlich auf die Gerichte unserer Lieblingsköche in unserem Umfeld verzichten zu müssen, haben wir es immer wieder mit den bald angebotenen To-Go-Menüs probiert. Vieles kam leider eher lauwarm auf den Teller und manches hatte an Geschmack, Frische und Struktur verloren: die Saucen oft unansehnlich, Kurzgebratenes wenig kross, Kartoffeln und Pasta suboptimal in Mundgefühl und frischer Salat eher Mangelware. Trotz schön gedecktem Tisch kam auch nach dem Umfüllen aus den Pappgefäßen nicht immer die gewohnte Essfreude auf.
Am besten waren noch die Angebote der japanischen Sushi- und Maki-Köche sowie eines mexikanischen Restaurants, dessen ursprünglich gelernter Sternekoch noch am ehesten die Tücken längerer Warmhaltezeiten bei den angebotenen Speisen berücksichtigte. Leider haben auch einige der besseren Restaurants für immer schließen müssen. Und da Pizza ein längerer Transport in einer Thermophore nicht besser werden lässt, haben wir von Zeit zu Zeit das Pizzamobil zusammen mit genauso hungrigen Nachbarn bestellt und die Wunschpizza vor der Haustür backen lassen.
Jetzt sind die übriggebliebenen Restaurants zwar wieder geöffnet und können nach Einchecken mit der Luca-App und Nachweis eines der drei großen Gs betreten werden. Da der Tischabstand deutlich vergrößert sein muss, bieten viele stark frequentierte Restaurants inzwischen drei und mehr abendliche Essenszeiten an – um 16.00, 17.30, 19.00 und 20.30 Uhr. Ehrlich gesagt, ist uns 16 Uhr für ein Abendessen viel zu früh und 90 min sind reichlich knapp bemessen, besonders dann, wenn Service und Küche unterbesetzt sind und in dem zugeteilten Zeitfenster neben Aperitif auch ein Espresso macchiato gewünscht wird. Dann ist man schnell „overseated“ und die neuen Gäste scharren bereits vor der Tür mit den Füßen. Auch haben einige Restaurants die Preise deutlich erhöht: Eine kleine, übersichtliche Salatbowl mit drei Knuspergarnelen & Koriander-Limetten-Mayo für 24 € sind ein stolzer Preis. Hinzu kommt, dass vielen Restaurants erfahrene KellnerInnen davongelaufen sind, sich das neue Personal noch im „Training on the Job“ befindet und nicht selten überfordert wirkt. Spätestens beim Trinkgeld merkt dann das Personal, dass vieles noch verbesserungswürdig ist.
Nostalgisches Zurückdenken hilft da wenig; eher ein Hoffen auf bessere und wieder kulinarischere Post-Coronazeiten.
Ihr Helmut Heseker
Diesen Artikel finden Sie wie auch die Vorschau auf die nächste Ausgabe in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 9/2021 auf Seite M560.
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