Zu guter Letzt 10/13: Medien-(Ge)Bubble
- 15.10.2013
- Print-Artikel
- Redaktion
Eigentlich ist die Aufregung um den Bubble Tea amüsant, wenn sie nur nicht so nervig wäre. Gemeint sind nicht die lebensmittelwissenschaftlichen Untersuchungen dieses neuartigen Getränks, sondern die aufgeregte Reaktion von Institutionen und Medien. Nachdem die Bevölkerung dieses fremdartige und von Ernährungswissenschaftlern unerwünschte Getränk willig aufnahm und selbst in Kleinstädten Bubble-Tea-Bars eröffnet wurden, folgten auf dem Fuße die Warnungen: Zucker, Aspirationsgefahr, Gift!
Ein Jahr später nun wird vieles relativiert: Die Bars haben z. T. wieder geschlossen, „giftige“ Stoffe wurden nicht mehr gefunden (s. den Kurzbericht auf S. M552 in diesem Heft). Es bleibt: Ein aus ernährungswissenschaftlicher Sicht aufgrund seines Zuckergehalts nicht empfehlenswertes Produkt (wie auch Cola, Limo, gesüßter Eistee etc.) mit einer theoretischen Aspirationsgefahr (v. a. wohl bei Kleinkindern) und teils mangelhafter Deklaration aufgrund des Direktverkaufs.
Aber auch: Ein für die, die es mögen, amüsantes Geschmacks- und Sinneserlebnis (wie „Knisterschokolade“ oder Brause) mit auf der Zunge aufplatzenden Sirupkugeln, welches schon aufgrund des Preises kein Alltagsgetränk sein kann und darf, aber – ebenso wie Eis für Kinder oder eine Flasche Sekt in einer romantischen Stunde für Erwachsene – eben manchmal und manchem Spaß macht.
Leider bringen nüchterne Wissenschaftler oder sensationshungrige Medien zu oft Spaß oder Genuss in Misskredit, v. a. wenn dieser aus dem „fremden Ausland“ kommt. Das ist aber andererseits auch nichts Neues, sondern wohl menschlich – immerhin ist es genauso einer Reihe anderer Genussmittel passiert, u. a. dem Kaffee, als dieser vor knapp 500 Jahren neu auf den europäischen Markt kam. Bis heute können Wissenschaftler sich nicht einigen, ob Kaffee nun eigentlich „gesund“ ist oder nicht.
Der bekannte deutsche Kanon „C-A-F-F-E-E, trink nicht so viel Kaffee“ von Carl Gottlieb HERING (von Beruf tatsächlich „Oberlehrer“!) entstand erst gut 200 Jahre nach Einführung des Kaffees und verdeutlicht die lange ablehnende Haltung gegenüber diesem bei der Bevölkerung so ungeheuer erfolgreichen Genuss-Getränk. Falls der Bubble Tea also nicht sowieso wieder verschwindet, weil er vielleicht doch zu bunt und schrill ist für deutsche Zungen, hören wir bestimmt noch von ihm.
Ihre Sabine Schmidt
Den vollständigen Artikel finden Sie in Ernährungs Umschau 10/13 auf Seite M600.
PDF Artikel Download für Abonnenten: