Nachschlag 10/2024: Bunt und außer Kontrolle

Wir alle kennen die Bilder von Plastikmüll-Bergen, die sich in den Weltmeeren zu riesigen Inseln formieren, und von illegalen Mülldeponien an den Stränden von Indonesien, Uruguay oder der Philippinen. Und erst kürzlich musste ich bei einem Spaziergang entlang der nördlichen Küste Sardiniens feststellen, dass viele bunte Stücke zerfallenen Plastiks an den Strand gespült wurden. Wer kam eigentlich auf die Idee, Dinge zu produzieren, die 500 Jahre halten, damit sie dann teilweise nur wenige Minuten benutzt werden?

Bis eine PET-Flasche in winzige Bruchstücke zerfällt dauert es 450 Jahre. Und gerade diese unter 5 mm kleinen Mikroplastik-Partikel stellen ein enormes Problem dar. Meeresbewohner verwechseln den Kunststoff mit Nahrung und über die Nahrungskette gelangt das Mikroplastik von unseren Tellern in unseren Organismus. Im Schnitt isst jede*r von uns eine Kreditkarte pro Woche. Und bis zum Jahr 2050 könnte es in den Meeren mehr Plastik als Fisch geben [1]. Mittlerweile wurden die kleinen Plastikteilchen auch im menschlichen Blut nachgewiesen [2]. Trotz der Allgegenwärtigkeit von Plastik sind uns aber erstaunlicherweise dessen Eigenschaften und Gefahren weitgehend unbekannt.
Aufgrund der weitreichenden Folgen rückt das Thema nun verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit und Wissenschaft. Forschende der University of California untersuchen biologisch abbaubare Plastiksorten, die zum fast vollständigen Abbau lediglich erhitztes Leitungswasser benötigen [3]. Im süditalienischen Taranto experimentieren Miesmuschelzüchter und Fischer mit Netzen aus Hanf, Sisal und Biokunststoff auf Maisbasis. Sie sollen umhertreibende Kunststoffnetze ersetzen [4]. Recycling, Zero-Waste-Läden, Plogging (eine Kombination aus Joggen und Müllsammeln) und Säuberungsaktionen – können wir (Plastik-)Berge versetzen oder betreiben wir nur Schadensbegrenzung? Viele Anstrengungen werden unternommen, um die Verschmutzung der letzten Jahrzehnte zu reduzieren. Tatsächlich ist das Thema aber noch sehr jung und es braucht schlichtweg mehr empirische Forschung, besonders im Bereich der winzigsten Teilchen.

Ihre Anna Sidorenko

Literatur
1. WWF: Plastikmüll im Meer. www.wwf.de/themen-projekte/plastik/plastikmuell-im-meer  (last accessed on 18 September 2024).
2. Heather A, et al.: Discovery and quantification of plastic particle pollution in human blood. Environ Int 2022; 163.
3. Spektrum.de: Enzyme sollen Plastik kompostierbar machen. www.spektrum.de/news/plastikabbau-enzyme-sollen-plastik-kompostierbar-machen/1863025 (last accessed on 2 October 2024).
4. ZDF: Gegen die Plastikflut. www.zdf.de/gesellschaft/plan-b/plan-b-gegen-die-plastikflut-100.html (last accessed on 18 September 2024).



Den vollständigen Artikel finden Sie wie auch die Vorschau auf das nächste Heft in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 10/2024 auf Seite M616.

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