Zu guter Letzt 12/14: Friedensfest
- 15.12.2014
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- Redaktion
Obwohl Weihnachten ein Fest des Friedens ist, kommt die Realität leider häufig nicht so heilig daher. Vor allem die Geschenk-Orgien hinterlassen jedes Jahr wieder ein mulmiges Gefühl. Aber was ist eigentlich mit den Festspeisen? Ob Schweine- oder Gänsebraten, Würstchen oder Karpfen – vegetarisch essen am Heiligabend nur Vegetarier.
Unsere Festspeise hat also (im besten Fall) bis kurz vor Weihnachten (im schlechten Fall bei Tiefkühlgeflügel bis kurz vor Weihnachten 2013) gelebt, und dies meist absolut unfriedlich. Konventionelle Tierhaltung in Deutschland ist gesetzlich geregelt, jedoch meist gleichbedeutend mit Massentierhaltung, ob vier Füße oder zwei Flügel. Das oft billigere Fleisch aus osteuropäischen Staaten stammt von Tieren, deren Haltung für uns noch undurchsichtiger ist.
Ein Beispiel zur Gans: Bei billigem ungarischem Gänsefleisch aus der Tiefkühltheke ist nicht auszuschließen, dass es sich um Fleisch aus der ekelhaften Stopflebermast (Hauptprodukt: die teure „Gänsestopfleber“) handelt; außerdem werden EU-weit in manchen Betrieben Gänse noch lebendig für die Daunengewinnung gerupft. Eine einheitliche Kennzeichnung, die solche Praktiken ausschließt, gibt es nicht, man muss also genau hinschauen, was man kauft. Menschen, die an Weihnachten das neue „iPhone 6“ für über 700 Euro verschenken(1), aber auch solche, die „nur“ ein Gerät für die Hälfte kaufen, brauchen nicht ausgerechnet bei der Weihnachtsgans (der Ente oder dem Schwein) zu sparen – bei klugen und den Menschen seit Tausenden von Jahren verbundenen Tieren.
Daher der unvermeidliche Weihnachtsappell – bleiben wir beim Beispiel Gans: Gänse aus „bäuerlicher Freilandhaltung“ haben Außen-Auslauf sowie Wasserzugang(2) – „Bio-Gänse“ haben von allem noch etwas mehr und dazu mehr Zeit, natürlich heranzuwachsen, v. a. wenn von einem der Anbauverbände stammend. Die Bezeichnungen „Bauern-“ oder „Hafermastgans“ hingegen suggerieren lediglich eine ländliche Idylle, sie sind nicht geschützt. Die Gänse aus besserer Haltung kosten leicht das Drei- bis Vierfache im Vergleich zu den günstigsten im Eisfach – ein Betrag, der durchaus angemessen ist.
Fazit: Wer die Friedensaufforderung des Weihnachtfestes ernst nimmt, lässt Nächstenliebe auch für Nutztiere gelten. Ob er/sie ganz auf Fleisch verzichtet, sich dem meist artgerecht gehaltenen Weihnachtskarpfen zuwendet oder wenigstens zum Fest zu Fleisch von Tieren greift, welche zu Lebzeiten herumlaufen und scharren, wühlen oder baden durften, bleibt jedem selbst überlassen. Das friedliche Gefühl im Bauch, das sich nach solch einem schönen Essen einstellt, stimmt vielleicht auch die milde, deren Gemüter von Weihnachtsklängen, Lichtern und dem Zusammensein mit Familie und Freunden nicht berührt werden.
Ein friedliches Weihnachten (vielleicht bei Kerzenschein, siehe das Editorial) wünscht Ihnen Ihre
Sabine Schmidt
Den vollständigen Artikel finden Sie in Ernährungs Umschau 12/14 auf Seite M692.
(1) Laut Prognose werden weltweit 71,5 Mio. verkaufte Geräte im vierten Quartal erwartet; www.iphone-news.org/tag/verkaufszahlen/
(2) Gerade dieses Jahr kann es aber auch hier durch die erneut aufgetretene Vogelgrippe zu Stallhaltung kommen
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