Ernährungsabhängige Einflüsse der intestinalen Mikrobiota

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Peer-Review-Verfahren | Eingegangen: 05.05.2015 | Angenommen: 16.09.2015

Einleitung

Der Verdauungstrakt von Mensch und Tier gehört zu den am dichtesten besiedelten Habitaten. Er beherbergt Mikroorganismen, die ihre Energie aufgrund des Mangels an Sauerstoff im Darm überwiegend durch Gärung gewinnen. Für ihr Wachstum sind diese Mikroorganismen auf Substrate angewiesen, aus denen sie Zellbausteine und Energie gewinnen. Diese Substrate stammen hauptsächlich aus der Nahrung und vom Wirtsorganismus. Nur Bakterien, die in der Lage sind, die im Darm verfügbaren Substrate zu nutzen sowie mit den dort vorherrschenden physikochemischen Bedingungen zurechtzukommen, werden sich dauerhaft in diesem Ökosystem ansiedeln können. Somit ist neben der Erstbesiedlung die Ernährung die Haupteinflussgröße für die mikrobielle Lebensgemeinschaft im Darm, die man auch als intestinale Mikrobiota oder intestinales Mikrobiom bezeichnet, wobei bei letzterem die Betonung auf dem mikrobiellen Gen-Repertoire liegt.

Das wachsende Interesse am intestinalen Mikrobiom ergibt sich aus dessen vielfältigen Einflüssen auf die Physiologie des Wirtes. Die Interaktion zwischen dem Wirt und seinen Darmbakterien wirkt sich auf den gesamten Stoffwechsel sowie auf das Immunsystem aus. Daher ist es nicht überraschend, dass viele Erkrankungen mit Störungen des Mikrobioms in Zusammenhang gebracht werden. Ob mit einer Erkrankung einhergehende Veränderungen im Mikrobiom ursächlich für deren Entstehung sind oder ob sie eher deren Folge sind, ist jedoch in den meisten Fällen noch nicht endgültig geklärt.

Zusammenfassung

Neuere Studien zeigen, dass der Fötus bereits im Mutterleib mit Bakterien in Kontakt kommt. Die eigentliche Besiedlung des Säuglingsdarms erfolgt jedoch während und nach der Geburt. Die überwältigende Mehrheit der Mikroorganismen im Darm des Menschen gehört zu den Bakterien. Darüber hinaus findet man auch Archaeen und Eukaryonten (Pilze) in geringer Konzentration. Die kommensalen Bakterien im Darm verwerten hauptsächlich Nahrungsbestandteile für ihr eigenes Wachstum. Somit beeinflusst die Ernährung die Zusammensetzung der Mikrobiota maßgeblich.

Die Mikrobiota spielt eine wesentliche Rolle bei der Reifung des Immunsystems und bei der Aufrechterhaltung seiner Funktion. Darmbakterien stehen in enger Wechselwirkung mit dem mukosalen Immunsystem, welches dafür sorgt, dass das Immunsystem nicht mit einer systemischen Entzündung auf Darmbakterien reagiert, solange diese nicht die Darmbarriere überwinden. Eine Störung in der Balance zwischen Toleranz und Abwehr intestinaler Bakterien fördert die Entstehung verschiedener Erkrankungen.

Zusammenhänge zwischen der Mikrobiota und verschiedenen Erkrankungen werden zurzeit intensiv erforscht. Bekannt ist, dass sich die Mikrobiota zwischen gesunden Menschen und Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder mit Adipositas unterscheidet und dass umgekehrt die intestinale Mikrobiota einen Einfluss auf diese Krankheiten ausübt. Auch bei weiteren Erkrankungen gibt es Hinweise auf eine Mitwirkung der intestinalen Mikrobiota an deren Entstehung.

Schlüsselwörter: Ernährung, Ballaststoffe, fermentierbare Substrate, intestinale Mikrobiota, mukosales Immunsystem, entzündliche Darmerkrankungen, Adipositas



Introduction

The digestive tract of humans and animals is one of the most densely populated microbial habitats. It harbors microorganisms that obtain their energy primarily through fermentation, which is due to the lack of oxygen in the intestines. For growth, the microorganisms depend on substrates that serve as a source of cellular constituents and energy. These substrates mainly come from foods and the host organism. Only those bacteria capable of using the substrates available in the intestine and of tolerating the physicochemical conditions therein will be able to permanently colonize this ecosystem. Thus, the initial colonization and diet are the primary factors responsible for the composition of the microbial community in the intestine, also referred to as intestinal microbiota or intestinal microbiome, whereas the latter term emphasizes the microbial gene repertoire.

The growing interest in the intestinal microbiome is due to its wide-ranging influences on the physiology of the host. The interactions between the host and his intestinal bacteria affect the entire metabolism and the immune system. It is therefore not surprising that many diseases are associated with an imbalance of the microbiome. However, whether disease development is caused by changes in the gut microbiome or whether changes in the microbiota are the result of the respective disease has not yet been fully clarified.

Summary

Recent studies show that the fetus already comes into contact with bacteria. However, the actual colonization of the infant intestine takes place during and following birth. A vast majority of the microorganisms in the human intestine are bacteria. Furthermore, lower concentrations of Archaea and eukaryotes (fungi) are also present. For the most part, commensal bacteria in the intestine use constituents of the host‘s diet for their own growth. The diet therefore has a significant impact on the bacterial composition.

The microbiota plays an essential role in maturation of the immune system and maintenance of its functions. Intestinal bacteria interact closely with the mucosal immune system. However, the intestinal microbiota does not cause a systemic inflammatory response as long as the intestinal barrier is not disrupted and intestinal bacteria are contained in the gut lumen. An imbalance between immune tolerance and immune response toward intestinal bacteria can promote the development of various diseases.

The interrelationships between the microbiota and various diseases are currently under intense investigation. It is well known that the microbiotas differ between healthy humans and obese individuals, and in those with chronic inflammatory bowel disease. Conversely, the intestinal microbiota exerts an influence on these diseases. There are also indications for the involvement of the intestinal microbiota in the development of other diseases.

Keywords: nutrition, fiber, fermentable substrates, intestinal microbiota, mucosal immune system, inflammatory bowel disease, obesity



Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 12/15 von Seite 216 bis 229.

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