Phytoöstrogene

Sabine E. Kulling und Bernhard Watzl, Karlsruhe

Ziel der Reihe "Basiswissen aktualisiert" ist es, übersichtlich den derzeit aktuellen Wissensstand über Nährstoffe und andere, der Gesundheit dienende Nahrungsinhaltsstoffe zu vermitteln.

Ernährungsphysiologie

Aus internationalen Krebsstatistiken geht hervor, dass hormonabhängige Krebserkrankungen wie Brust- und Prostatakrebs in asiatischen Ländern, in denen Soja Bestandteil einer traditionellen Ernährung ist, weitaus seltener auftreten als in westlichen Industrieländern. Inwieweit daraus eine krebspräventive Wirkung einzelner Soja-Inhaltsstoffe wie der Isoflavon-Gruppe abgeleitet werden kann, ist fraglich.

Hinsichtlich der Ernährungsgewohnheiten sowie weiterer Lebensstil-Faktoren existieren große Unterschiede zwischen asiatischen und westlichen Industrieländern, weshalb sehr viele Faktoren für die unterschiedlichen Krebsrisiken verantwortlich sein können. Zwar konnte vor allem in Fall-Kontroll-Studien nachgewiesen werden, dass hohe Phytoöstrogen-Konzentrationen im Plasma mit einem verringerten Brustkrebsrisiko korrelieren. In den bis dato vorliegenden prospektiven Studien konnte jedoch ein protektiver Effekt von Phytoöstrogenen hinsichtlich Brustkrebs nicht gezeigt werden.

Die tierexperimentellen Daten zur chemopräventiven Wirkung von Isoflavonen hinsichtlich Brustkrebs ergeben ein sehr differenziertes Bild. Von verschiedenen Arbeitsgruppen wurde gezeigt, dass die Inzidenz und Wachstumsrate von durch Dimethylbenzanthracen (DMBA) sowie N-Methyl-N-Nitrosoharnstoff (MNU)induzierten Mammatumore bei weiblichen Ratten signifikant verringert wird durch die Gabe von mit Soja supplementiertem Futter oder die des isolierten Sojaisoflavons Genistein, wenn dies neonatal oder vor Einsetzen der Pubertät stattfindet. Erfolgt die Verfütterung einer isoflavonreichen Diät dagegen erst im Erwachsenenalter, ist die Schutzwirkung nicht mehr vorhanden. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass Genistein auf Grund seiner östrogenen Wirkung eine früh- bzw. vorzeitige Ausdifferenzierung des Brustdrüsengewebes induziert, das dann auf chemische Kanzerogene weniger empfindlich reagiert. In anderen Tierexperimenten bewirkte die Verfütterung von Genistein bzw. eines Sojaproteinisolates bei Mäusen mit implantierten menschlichen östrogenabhängigen Brustkrebszellen (MCF-7-Zellen) ein beschleunigtes Wachstum dieser Tumorzellen . In-vitro-Untersuchungen mit MCF-7-Zellen untermauern diese Befunde. Hier stimulierten Isoflavone in niedrigen Konzentrationen (< 10 &956;M), wie sie in Humanplasma nach Verzehr von Sojaprodukten gemessen wurden, die Proliferation der Tumorzellen, während erst hohe Konzentrationen (> 10 &956;M) die gewünschte Wachstumshemmung bewirkten. Auch in klinischen Studien übte die Aufnahme von Isoflavonen einen östrogenen Stimulus auf das Brustdrüsengewebe prä- und postmenopausaler Frauen aus, der als unerwünscht eingestuft wird. Obwohl eine Übertragung von in vitro und tierexperimentellen Befunden auf den Menschen schwierig ist, ist es nicht auszuschließen, dass die Aufnahme von Phytoöstrogenen in hoher Dosierung für Frauen mit Brustkrebs, präkanzerogenen Veränderungen in der Brust oder einer genetischen Prädisposition kontrainduziert sein könnte.

Die Schutzwirkung von Phytoöstrogenen hinsichtlich Prostatakrebs ist vor allem in unterschiedlichen Tiermodellen untersucht worden.

Den vollständigen Artikel finden Sie in Ernährungs-Umschau 06/03 ab Seite 234.

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