Mangelernährung: Eisenmangel verringert die Wirksamkeit von Impfungen

Weltweit leiden etwa 40 % der Kinder an Blutarmut, weil sie nicht genügend Eisen zu sich nehmen. Trotz weltweiter Impfprogramme sterben immer noch jedes Jahr etwa 1,5 Millionen Kinder an Krankheiten, die durch Impfungen hätten verhindert werden können. Hinzu kommt, dass Impfungen in Ländern mit geringem Einkommen weniger gut funktionieren als im Globalen Norden. Allerdings war bisher nicht klar, woran das liegt. Resultate von zwei klinischen Studien mit Kindern in Kenia legen nahe, dass Eisenmangel eine Rolle bei der verringerten Schutzwirkung von Impfungen spielt.

In der ersten Studie bestimmte die Forschungsgruppe um Michael Zimmermann vom Departement Gesundheitswissenschaften und Technologie in Zusammenarbeit mit WissenschaftlerInnen aus Kenia, Großbritannien, den Niederlanden und den USA den Eisenstatus sowie Antikörper gegen Antigene der verabreichten Impfungen in Blutproben von 303 Kindern während der ersten 18 Lebensmonate [1]. „Bei uns kommen die Babys mit einem Eisenvorrat zur Welt, der normalerweise für die ersten sechs Monate ausreicht“, erläutert Zimmermann, Professor für Humanernährung. „Doch in Kenia und anderen südlich der Sahara gelegenen Ländern ist der Vorrat viel kleiner, vor allem bei Kindern mit geringem Geburtsgewicht.“ Wenn diese Kinder Infektionen und blutigen Durchfall bekämen, sei ihr Eisenvorrat oft schon nach zwei bis drei Monaten erschöpft.

Tatsächlich waren in der Studie mehr als die Hälfte der Kinder schon im Alter von 10 Wochen und über 90 % nach 24 Wochen von Blutarmut oder Anämie betroffen. Das Risiko, dass im Alter von 18 Monaten trotz mehrmaliger Impfungen keine schützenden Antikörper gegen Pneumokokken und andere Erreger im Blut zu finden sind, war bei anämischen Kindern mehr als doppelt so hoch wie bei Kindern mit ausreichend hohen Hämoglobin-Werten, so das Ergebnis der ersten Studie. In einer zweiten Studie verabreichten die WissenschaftlerInnen 127 etwas mehr als halbjährigen Kleinkindern während vier Monaten täglich ein Pulver mit Mikronährstoffen. Bei 85 dieser Kinder enthielt das Pulver auch Eisen, bei den 42 anderen Kindern nicht. Als die Kinder im Alter von neun Monaten gegen Masern geimpft wurden, entwickelten die Kinder, die auch Eisen als Nahrungsergänzung erhielten, eine stärkere Immunantwort.

Literatur
1. Stoffel NU et al.: Iron deficiency anemia at time of vaccination predicts decreased vaccine response and iron supplementation at time of vaccination increases humoral vaccine response: a birth cohort study and a randomized trial follow-up study in Kenyan infants. Front Immunol 2020; 11: 1313.

Quelle: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich), Pressemeldung vom 23.07.2020



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 9/2020 auf Seite M513.

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