Gesundheitskompetenz: Patientenleitlinie Adipositas jetzt verfügbar

Diese schließt laut Prof. Matthias Blüher, Adipositasexperte und Tagungspräsident der DAG 2020, eine wichtige Lücke für eine bessere Versorgung und Aufklärung von Menschen mit Adipositas, denn sie verdeutlicht den Betroffenen, nach welchen wissenschaftlich begründeten Empfehlungen ÄrztInnen im Bereich Adipositas handeln. PatientInnen können so informierter medizinische Entscheidungen treffen, bspw. die Teilnahme an Adipositas-Therapieprogrammen oder die Durchführung chirurgischer Maßnahmen.

Die Patientenleitlinie ist unter der Leitung von Prof. Sylvia Sänger und Prof. Claudia Luck-Sikorski, auch tätig am Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB AdipositasErkrankungen) in Leipzig, von Studierenden des Masterstudiengangs Medizinpädagogik an der SRH Hochschule für Gesundheit in einem wissenschaftlichen Projekt erstellt worden. 

„Die Adipositas ist eine komplexe Erkrankung, die auch komplex behandelt werden muss. Diesem Umstand haben wir nicht nur in der ärztlichen, sondern auch in der Patientenleitlinie Rechnung getragen und deshalb auch alle maßgeblichen Fachgesellschaften und Professionen an der Ausarbeitung beteiligt: neben Hausärzten und Internisten auch Endokrinologen, Ernährungstherapeuten und -berater, Physiotherapeuten, Psychologen und Chirurgen sowie die Studierenden der Medizinpädagogik, die auch alle verschiedene medizinische Fachberufe haben“, so Luck-Sikorski.

So habe man laut Sänger einerseits sichergestellt, dass die Patientenleitlinie inhaltlich identisch mit der wissenschaftlichen Leitlinie für ÄrztInnen ist, andererseits habe man durch Einbindung der PatientInnen in die Erstellung der Leitlinie gewährleistet, dass diese laienverständlich ist. Beigetragen haben eine Selbsthilfegruppe aus Jena und Patientenvertreter aus bundesdeutschen Selbsthilfeorganisationen.

„Die Patientenleitlinie trägt dazu bei, dass sich Patienten mit Ärzten auf Augenhöhe begegnen können“, bestätigt Steffy Wirtz, Patientenbeauftragte der DAG. Dies sei wichtig, da Adipositas eine Erkrankung mit vielen Facetten ist und Betroffene vor einer Maßnahme einschätzen können müssten, was auf sie zukomme und ob sie dazu bereit seien.

-> www.adipositas-gesellschaft.de/fileadmin/PDF/Leitlinien/Patientenleitlinie_Adipositas.pdf 

Gut die Hälfte der Menschen in Deutschland hat eine geringe Gesundheitskompetenz [1]. Das bedeutet, es fällt ihnen schwer, relevante Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, richtig einzuordnen, kritisch zu beurteilen und auf ihre eigene Lebenssituation zu beziehen, um ihre Gesundheit zu fördern oder zu erhalten.
Chronische Krankheiten wie Adipositas sind hoch komplex und langfristig. Sie gehen mit vielfältigen Anforderungen an die Krankheitsbewältigung und einem hohen und sich immer wieder verändernden Bedarf an Information, Kommunikation und Unterstützung einher. Der Anteil an PatientInnen mit eingeschränkter Gesundheitskompetenz ist bei chronisch Kranken mit fast 73 % besonders hoch [2].
Teilhabe, Mitsprache und Selbstbestimmung sind zentrale Aspekte für die heute geforderte, partizipative Entscheidungsfindung im Arzt/Ärztin-PatientInnengespräch. Leicht verständliche medizinische Informationen ermöglichen es PatientIn und Arzt/Ärztin, gemeinsam zu entscheiden, welcher therapeutische Weg eingeschlagen werden soll. Darüber hinaus bieten Patientenleitlinien verlässliche Informationen für das Krankheitsmanagement der Betroffenen, da es immer noch keine geregelte medizinische Versorgung der Adipositas gibt und demzufolge der „graue Markt“ unseriöser Hilfsangebote groß ist.

Literatur:

1. Die Gesundheitskompetenz in Deutschland stärken. Der Nationale Aktionsplan Gesundheitskompetenz. URL: www.napgesundheitskompetenz.de/ Zugriff 22.01.19
2. Gesundheitskompetenz in die Versorgung von Menschen mit chronischer Erkrankung integrieren. Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz, Strategiepapier #2 zu den Empfehlungen des Nationalen Aktionsplans. URL: www.nap-gesundheitskompetenz.de/aktionsplan/strategiepapiere/  Zugriff 22.01.19

Quelle: Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG), Pressemeldung vom 11.02.2019

Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 4/2019 auf den Seiten M195-M196.