Gehirnstoffwechsel: Einfluss von Handystrahlung auf die Energieaufnahme

Handys sind aus der heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen kann die vermehrte Nutzung auf mehreren Ebenen problematisch sein. Die von Handys ausgesandte Strahlung wird zu großen Teilen vom Kopf absorbiert und kann dadurch u. a. Auswirkungen auf Stoffwechsel und Verarbeitungsprozesse im Gehirn haben. Ob es einen direkten Zusammenhang zwischen Handystrahlung und Nahrungsaufnahme geben könnte, hat Prof. Dr. Kerstin Oltmanns, Leiterin der Sektion für Psychoneurobiologie der Universität zu Lübeck, mit ihrem Forschungsteam in einer Studie untersucht.

Aus früheren Studien war bereits bekannt, dass elektromagnetische Strahlung bei Ratten zu einer erhöhten Nahrungsaufnahme führt. Ob ein solcher Zusammenhang möglicherweise auch für Handystrahlung beim Menschen besteht, untersuchte Prof. Kerstin Oltmanns zusammen mit Diplompsychologin Ewelina Wardzinski, Leiterin der Studie, im Rahmen einer DFG-geförderten Beobachtungsstudie, die in der Fachzeitschrift Nutrients veröffentlicht wurde [1].
15 junge Männer wurden mit einem Abstand von zwei Wochen insgesamt dreimal einbestellt. Im Experiment wurden die Probanden mit zwei verschiedenen Handys als Strahlungsquelle bestrahlt bzw. einer Scheinbestrahlung als Kontrolle ausgesetzt. Im Anschluss durften sich die Probanden für eine definierte Zeit an einem Buffet bedienen. Gemessen wurden die spontane Nahrungsaufnahme, der Energiestoffwechsel des Gehirns anhand von Phosphor-Magnetresonanz-Spektroskopie (MRS) sowie verschiedene Blutwerte vor und nach Bestrahlung.
Das Forschungsteam kam zu überraschend deutlichen Ergebnissen: Die Strahlung führte bei fast allen Probanden zu einer Erhöhung der Gesamtkalorienzufuhr um 22 % bzw. 27 % durch die jeweiligen Versuchshandys. Die Blutanalysen zeigten, dass dies v. a. durch eine vermehrte Kohlenhydrataufnahme verursacht wurde. Die MRS-Messungen ergaben eine Steigerung des Energieumsatzes im Gehirn unter Einfluss der Handystrahlung.
Das Forschungsteam schließt aus diesen Ergebnissen, dass Handystrahlen nicht nur einen potenziellen Faktor für übermäßiges Essen beim Menschen darstellen, sondern dass sie auch die Energiehomöostase des Gehirns beeinflussen. Diese Erkenntnisse könnten neue Wege für die Adipositas- und andere neurobiologische Forschung eröffnen. Insbesondere in Bezug auf Kinder und Jugendliche wird der hier nachgewiesene Einfluss von Handystrahlung auf das Gehirn und das Essverhalten die Forschung auf diesem Gebiet zukünftig mehr in den Fokus rücken.

Literatur
1. Wardzinski EK, Jauch-Chara K, Haars S, Melchert UH, Scholand- Engler HG, Oltmanns KM: Mobile Phone Radiation Deflects Brain Energy Homeostasis and Prompts Human Food Ingestion. Nutrients 2022; 14: 339. www.mdpi.com/2072-6643/14/2/339 

Quelle: Universität zu Lübeck, Pressemeldung vom 01.04.2022

Bei Handystrahlung handelt es sich um hochfrequente, nicht-ionisierende Strahlung, also Mikrowellen. Mithilfe dieser hochfrequenten elektromagnetischen Felder werden Telefonate, Bilder, Musik, Internetdaten und andere Informationen drahtlos übertragen. Hochfrequente elektromagnetische Felder werden vom Körper aufgenommen („absorbiert“).

Quellen:
• TU Berlin: Handystrahlung. www.arbeits-umweltschutz.tu-berlin.de/menue/arbeitsschutz/gefaehrdungen/strahlung/handystrahlung/#c662948 
• Bundesamt für Strahlenschutz: Elektromagnetische Felder. Strahlenschutz beim Mobilfunk. www.bfs.de/DE/themen/emf/mobilfunk/mobilfunk_node.html 



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 5/2022 auf Seite M236.

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