Stoffwechselforschung: Schlüsselzellen für die Blutglucosekontrolle entdeckt

Der menschliche Körper muss den Blutglucosespiegel genau regulieren, da zu hohe oder zu niedrige Werte zu gesundheitlichen Problemen führen können. β-Zellen im Pankreas steuern dieses Gleichgewicht, indem sie Insulin ausschütten, wenn der Blutglucosespiegel steigt.

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Nikolay Ninov am Zentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD) der TU Dresden und sein Team fragten sich, ob alle β-Zellen gleich auf Glucose reagieren. Um das zu untersuchen, beobachteten die Forschenden den transparenten, pigmentlosen Zebrafisch, dessen Pankreas ähnlich wie der des Menschen funktioniert [1]. Dabei entdeckten sie, dass eine kleine Gruppe von β-Zellen empfindlicher und schneller auf den Blutglucosespiegel reagiert als die anderen Zellen, Ninovs Team bezeichnet sie daher als „First-Responder-Zellen“ oder „erst reagierende Zellen“. Diese Zellen lösen die Blutglucoseantwort aus, gefolgt von den verbliebenen „Nachfolgerzellen“.
Die Forschenden testeten außerdem, ob die Nachfolgerzellen auf die First Responders angewiesen sind. Mithilfe der transparenten Fische nutzte Ninovs Team eine lichtbasierte Technologie, mit der einzelne Zellen per Lichtstrahl an- oder ausgeschaltet werden können. Das Ausschalten der First-Responder-Zellen verringerte die Reaktion der Nachfolgerzellen auf den Blutglucosespiegel. Gleichzeitig wurde die Reaktion der Nachfolgerzellen verstärkt, wenn die First Responders selektiv aktiviert wurden.
 „Die First Responders stehen an der Spitze der β-Zell-Hierarchie, wenn es um die Kontrolle der Zuckerreaktion geht. Interessanterweise fungieren nur etwa 10 % der β-Zellen als First Responders. Das legt nahe, dass diese kleine Zellpopulation als Kontrollzentrum für die Regulation der Aktivität der restlichen β-Zellen dient“, erklärt Prof. Ninov.
Die First-Responder-Zellen sind über die gesamte Bauchspeicheldrüse verteilt. Um herauszufinden, was die First Responders einzigartig macht, verglichen die Forschenden die Genexpression hochempfindlicher Zellen mit weniger empfindlichen.
Dabei stellten sie fest, dass First Responders an der Vitamin-B6-Produktion beteiligt sind. Sie produzieren ein Schlüsselenzym, das die inaktive Form von Vitamin B6 aus der Nahrung in die für die Zellen aktive Form umwandelt.
In enger Zusammenarbeit mit dem Team von Prof. Guy Rutter an der Universität Montreal schalteten die Forschenden die Vitamin-B6-Produktion sowohl im Pankreas von Zebrafischen als auch von Mäusen aus. Die Fähigkeit der β-Zellen, auf hohe Blutglucosewerte zu reagieren, war bei beiden Arten dramatisch reduziert. „Dies deutet darauf hin, dass Vitamin B6 eine evolutionär konservierte Rolle bei der Reaktion auf Glucose spielt. Möglicherweise produzieren die First Responders Vitamin B6 und stellen es den anderen β-Zellen zur Verfügung, um ihre Aktivität zu regulieren. Zu verstehen, wie Vitamin B6 die β-Zellen im Pankreas reguliert, könnte zu neuen Erkenntnissen über die Entstehung von Diabetes und letztendlich zu neuen Behandlungsmethoden führen.“

Literatur
1. Delgadillo-Silva LF, Tasöz E, Singh SP, et al.: Optogenetic β-cell interrogation in vivo reveals a functional hierarchy directing the Ca2+ response to glucose supported by vitamin B6. Sci Adv 2024; 10(26).

Quelle: Technische Universität Dresden, Pressemeldung vom 04.07.2024



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 9/2024 auf Seite M498.

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