Tierschutz: Kaum Tierwohl bisher durch Label „Haltungsform“
- 11.12.2019
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- Redaktion
Immer mehr VerbraucherInnen wollen, dass Tiere gut leben, bevor sie geschlachtet werden. Der Handel reagiert darauf seit Jahren mit immer neuen Marken und Labeln. Erst im April 2018 hatte Lidl mit seinem „Haltungskompass“ eine Haltungskennzeichnung für unverarbeitetes Fleisch der Eigenmarken eingeführt. Kurz darauf zogen Netto Marken-Discount, Kaufland, Penny, Aldi und schließlich Rewe nach. Jedoch unterschieden sich die Haltungskennzeichnungen der Händler in Namen, Optik und teilweise auch in ihren Kriterien.
Im April 2019 haben diese Handelsunternehmen und Edeka eine einheitliche Haltungskennzeichnung eingeführt – die sieht nun bei allen teilnehmenden Märkten gleich aus.1 Mit dem neuen vierstufigen Label kennzeichnen die Händler aber nur Fleisch ihrer Eigenmarken in Selbstbedienungstheken, also keine Importware, Konserven, Fleisch von Bedientheken. Welche Standards die jeweiligen Produkte erfüllen, zeigt die Stufe auf dem Label (• Übersicht 1).
Das Label „Haltungsform“ ist kein Tierwohllabel
Diese Haltungskennzeichnung ordnet lediglich das bestehende Fleischangebot nach unterschiedlichen Haltungsformen ein. Dabei geht es insbesondere um Platzangebot, Beschäftigungsmaterial und Kontakt mit dem Außenklima. Nicht abgedeckt ist z. B., ob verhaltensauffällige oder verletzte Tiere entsprechend versorgt werden. Für ein echtes „Tierwohllabel“ müsste es daher erweitert werden.
Fleisch der höheren Stufen kaum erhältlich
Um VerbraucherInnen wirklich eine Wahlfreiheit zu bieten, bräuchte es ein ausreichendes Angebot von Fleisch aus allen vier Haltungsformen – und daran hapert es bisher. In einem bundesweiten Marktcheck zur Haltungskennzeichnung des Handels stellte die Verbraucherzentrale Hessen im Sommer 2019 fest, dass das Angebot im Handel überwiegend aus der Haltungsform 1 stammt (56 % der gekennzeichneten Produkte, v. a. von Schwein und Rind). Ein Drittel der Produkte (knapp 34 %) stammte aus Stufe 2. Dabei handelte es sich zu 97 % um Geflügelfleischprodukte. Die Stufen 3 und 4, die als einzige für deutlich bessere Haltungsbedingungen stehen, machten insgesamt nur weniger als 10 % des Angebots aus.
Damit haben VerbraucherInnen nur sehr eingeschränkte Wahlmöglichkeiten bei Fleisch aus deutlich verbesserter Tierhaltung. Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), fordert daher: „Um das Angebot an Fleisch mit höherem Tierwohlstandard zu vergrößern und bessere Orientierung für Verbraucher zu schaffen, braucht es ein staatliches Tierwohllabel mit anspruchsvollen Kriterien für Aufzucht, Haltung, Transport und Schlachtung. Das von Bundesministerin Julia Klöckner geplante freiwillige Label ist ein erster Schritt, es muss jedoch so schnell wie möglich verpflichtend werden.“
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Quelle: Verbraucherzentrale Hessen, Pressemeldung vom 04.09.2019
Anmerkung der Redaktion: (scs) Die Untersuchung der Verbraucherzentrale zeigt: Wenn auch die Stufe der gesetzlichen Mindestanforderung (= Massentierproduktion) mit einem Label versehen wird, suggeriert das VerbraucherInnen fälschlich eine Berücksichtigung des Tierwohls, denn die meisten Produkte der Stufe 1 haben dieses mitnichten im Blick, sondern werden genauso produziert wie bisher. Erst eine einheitliche und für alle Fleischwaren verpflichtende Kennzeichnung, die die Vorteile der höheren Stufen klar anschaulich macht, würde eine echte Wahlfreiheit der VerbraucherInnen schaffen und damit nicht nur dem Ruf der Fleischindustrie, sondern auch dem Wohl der für die Deutschen als Essen „produzierten“ Tiere nutzen.
Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 12/2019 auf Seite M696.