Aktualisierte Leitlinie: Chronische Nierenkrankheit in der hausärztlichen Versorgung
- 12.02.2025
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- Redaktion
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Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e. V. (DGfN) hat gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V. (DEGAM) ihre Leitlinie zur Behandlung von Patient*innen mit chronischer, nicht dialysepflichtiger Nierenkrankheit (chronic kidney disease, CKD) grundlegend aktualisiert [1]. Die am 26.11.2024 veröffentlichte, überarbeitete S3-Leitlinie bezieht sich auf die hausärztliche Versorgung der Betroffenen und hat zum Ziel, die Früherkennung und Behandlung der CKD zu verbessern, um langfristige Gesundheitsrisiken und die Dialysepflicht zu minimieren. Sie enthält aktualisierte Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie, die auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
Vorgehen bei Erstdiagnose und etablierter CKD
Bei der Erstdiagnose von CKD definiert die Leitlinie das Vorliegen einer CKD anhand der Nierenfunktion, gemessen als glomeruläre Filtrationsrate (eGFR), oder anhand struktureller Veränderungen und/oder anhand eines erhöhten Albumin-Kreatinin-Verhältnisses im Urin (UACR). Die Bestimmung von UACR und eGFR dient zur Einteilung in die verschiedenen Stadien von Nierenkrankheiten, nach denen sich die Therapiemaßnahmen richten. Weiterhin werden die beiden Werte benötigt, um den Einsatz von SGLT-2-Inhibitoren abzuwägen – Medikamente, die die Krankheitsprogression wirksam verlangsamen.
Zur Abgrenzung von der akuten Nierenerkrankung (acute kidney disease, AKD) müssen die Veränderungen in UACR und eGFR mindestens drei Monate bestehen. Bei rascher Progression der CKD, eGFR unter 30 mL/min/1,73 m² oder bei einer eGFR < 60 mL/ min/1,73 m² und weiteren Hinweisen auf eine Nierenerkrankung wird eine Überweisung zum Nephrologen empfohlen. Genetische Erkrankungen oder Syndrome wie multiple Zystennieren sollten ebenfalls berücksichtigt werden. Bei gesicherter CKD liegt der Schwerpunkt auf kontinuierlichem Monitoring und angepasster Behandlung, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Lebensqualität der Patient*innen zu verbessern.
Prognose und Prävention
Ein zentraler Aspekt der Leitlinie ist die Verbesserung der Risikoeinschätzung für das Fortschreiten der CKD bis hin zum Nierenversagen. Ab sofort ist hierzu – von der DEGAM und der DGfN ermöglicht – ein deutschsprachiger Online-Rechner (Kidney Failure Risk Equation) kostenfrei verfügbar, um in der Praxis das Risiko eines nierenersatztherapiepflichtigen Nierenversagens zu berechnen. CKD-Patient*innen haben darüber hinaus ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko. Es werden daher in der Leitlinie Empfehlungen zur Behandlung mit Statinen und der Indikation von Thrombozytenaggregationshemmern gegeben. Auch enthält die Leitlinie spezifische Impfempfehlungen für CKD-Patient*innen, die von den allgemeinen Impfempfehlungen für die Bevölkerung abweichen.
Ernährung
Zur Ernährung bei CKD gibt die Leitlinie Empfehlungen zu Kostform, Energie-, Protein-, Kochsalz-, Phosphatzufuhr, zum Verzehr von Obst und Gemüse und zur Vermeidung von Mangelernährung. Die milderen Stadien der CKD erfordern noch keine besonderen Ernährungsaspekte, empfohlen wird in allen Stadien eine mediterrane Ernährung mit hohem Anteil an frischem Gemüse und Obst. In den höheren Stadien empfiehlt die Leitlinie eine ausgeglichene Energiebilanz zur Vermeidung einer Mangelernährung, eine Reduktion der Kochsalzzufuhr, eine Vermeidung stark phosphathaltiger Lebensmittelgruppen, v. a. solcher mit Phosphatzusätzen, sowie eine angemessene Trinkmenge. Frühere Empfehlungen zur grundsätzlichen Proteinrestriktion werden aufgrund des Risikos einer Mangelernährung nicht mehr verfolgt, stattdessen gilt die Empfehlung für die Normalbevölkerung zur Zufuhr von 0,8 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht auch für Nierenpatient* innen. Proteinrestriktionen sollen nur in selektiven Fällen bei Patient*innen ohne Risiko einer Mangelernährung erwogen werden, auch hier jedoch nur unter nephrologischer und ernährungstherapeutischer Betreuung. Eine Ernährungsberatung wird empfohlen, Hausärztinnen und Hausärzte weist die Leitlinie hierzu auf die Möglichkeit des Ausstellens der sog. „Notwendigkeitsbescheinigung“ hin, die Patient*innen bei ihrer Krankenkasse einreichen können.
Risikokalkulator – Kidney Failure Risk Equation (KFRE):
→ www.risiko-nierenversagen.de/informationen
Patient*inneninformationen zu „chronischer, nicht-nierenersatztherapiepflichtiger Nierenkrankheit“, Stadium 1–3 und Stadium 4–5:
→ www.degam.de/patienteninformationen
Literatur
1. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V.: Versorgung von Patient*innen mit chronischer, nicht-nierenersatztherapiepflichtiger Nierenkrankheit in der Hausarztpraxis. Chronisch eingeschränkte Nierenfunktion in der Hausarztpraxis. S3-Leitlinie. AWMF-Register- Nr. 053-048, DEGAM-Leitlinie Nr. 22 (Version 2.0).
Quellen:
- Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e.V. (DGfN), Pressemeldung vom 04.12.2024
- DEGAM/DGfN: Versorgung von Patient*innen mit chronischer, nicht-nierenersatztherapiepflichtiger Nierenkrankheit in der Hausarztpraxis. Chronisch eingeschränkte Nierenfunktion in der Hausarztpraxis. S3-Leitlinie. AWMF-Register-Nr. 053-048
- Echterhoff S: Ernährung bei fortschreitender und chronischer Nierenkrankheit. Ernahrungs Umschau 2024; 71(12): M740–8
Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 2/2025 auf Seite M72.