Adipositas-Risiko-Score: Hohe Vorhersagekraft auf spätere Gewichtsentwicklung von Frühgeborenen

Bei Erwachsenen ist die Vorhersagekraft genetischer Risikofaktoren auf das Körpergewicht sehr gering. Nicht zuletzt, weil mehr als 2 Mio. Genvarianten hier eine Rolle spielen können.

Eine Arbeitsgruppe aus Lübeck [1] untersuchte nun die Vorhersagekraft eines 2019 publizierten polygenen Body-Mass-Index (BMI)-Risiko-Scores [2] auf die BMI-Entwicklung Frühgeborener bis zu einem Alter von 10–14 Jahren. Denn Frühgeborene haben ein erhöhtes Risiko für Übergewicht und metabolische Erkrankungen im Erwachsenenalter. In der Allgemeinbevölkerung erklärt der Score nur 8,4 % der BMI-Varianz [3].
In die Studie eingeschlossen wurden Daten von 508 Frühgeborenen, die zwischen 2009 und 2023 geboren wurden. Hier zeigte der Score im Gegensatz zu Erwachsenen eine deutlich höhere Vorhersagekraft:

  • Ein polygener BMI-Risiko-Score, der auf über zwei Mio. genetischen Varianten basiert, wurde verwendet, um die Gewichtsentwicklung der Kinder zu prognostizieren.
  • Ergebnisse zeigen, dass der polygene BMI-Risiko-Score signifikant mit der Gewichtsentwicklung bis zum Alter von 10–14 Jahren assoziiert ist.
  • Kinder im höchsten Dezil (10 %) des polygenen Scores wogen im Alter von 10–14 Jahren durchschnittlich 9,2 kg mehr als Kinder im niedrigsten Dezil.
  • Besonders ausgeprägt war der Unterschied bei Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter der 10. Perzentile (SGA-Kinder), wo die Gewichtsdifferenz 19,2 kg betrug.

Der Score könnte daher gerade für die Beratung von Frühgeborenen und ihren Eltern nützlich sein, um das Risiko für Adipositas zu mindern. Die Autor*innen der Studie betonen die Bedeutung genetischer Faktoren bei der Gewichtsentwicklung von Frühgeborenen und schlagen vor, den polygenen BMI-Risiko-Score in der klinischen Praxis zur Prävention von Adipositas einzusetzen. Ob das Wissen um ein hohes genetisches Risiko für Adipositas wirklich zu einer Reduktion der Gewichtszunahme der prädisponierten Frühgeborenen in der Pubertät führt, müsse jedoch durch prospektive Studien untersucht werden.

Literatur

  1. Göpel W, Lüders C, Heinze K, et al.: The effect of parental weight and genetics on the BMI of very low birth weight infants as they reach school age. Dtsch Arztebl Int 2025; 122: 65–70. DOI: 10.3238/arztebl.m2024.0253.
  2. Khera AV, Chaffin M, Wade KH, et al.: Polygenic prediction of weight and obesity trajectories from birth to adulthood. Cell 2019;177: 587–96.
  3. Loos RJF, Yeo GSH: The genetics of obesity: from discovery to biology. Nat Rev Genet 2022; 23: 120–33.


Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 3/2025 auf Seite M141.

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