24. Dresdner Fachtagung für Ernährungsmedizin und Diätetik: Von Planetary Health bis Ernährungsstrategien zur Langlebigkeit
- 12.03.2025
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- Udo Maid-Kohnert

Die Themen pflanzenbasierte Ernährung und spezifische Lebensmittelinhaltsstoffe zogen sich durch viele der Vorträge. So ging Dr. Imke Reese, München, auf Herausforderungen aus allergologischer Sicht ein, die eine betont pflanzenbasierte Ernährung mit sich bringen kann. Es gilt außerdem, eine Unterversorgung mit kritischen Nährstoffen zu vermeiden, die vor allem bei kategorischem Verzicht auf tierische Lebensmittel eintreten kann. Reese machte diese an den Beispielen Proteinwertigkeit (Digestible Indispensable Amino Acid Score, DIAAS) und Calciumverfügbarkeit aus Milchersatzprodukten deutlich und verwies auf das entsprechende Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie [1]. Pflanzenbasierte Fleisch- und Wurstalternativen sind ein wachsender Markt, enthalten zugleich häufig allergologisch relevante Proteinquellen und sind teilweise hochprozessierte Lebensmittel.
Wie die Förderung der Teiltoleranz für Hühnerei und Kuhmilch über die 4-stufige Hühnerei- bzw. 6-stufige Kuhmilch-Leiter ablaufen kann, schilderte Katja Plachta, Uni Dresden. Im zweiten Teil ihres Vortrages beschrieb sie das sehr seltene Krankheitsbild food induced enterocolitis syndrome (FPIES). Hierbei kann es bereits bei Säuglingen < 4 Monaten zu verzögerten, nicht IgE-vermittelten schweren Reaktionen kommen. Oft ist nur ein einziges Lebensmittelprotein der Auslöser.
Prof. Andrea Maier-Noeth, HS Albstadt Sigmaringen, stellte Daten aus Langzeituntersuchungen zur Prägung der geschmacklichen Akzeptanz von Lebensmitteln vor. Beim Vergleich von Deutschland und Frankreich zeigte sie, wie sich die Art und vor allem die Vielfalt bei der Beikosteinführung bis ins junge Erwachsenenalter auf die Lebensmittelakzeptanz auswirken.
Art und Zeitpunkt der Beikosteinführung waren auch Thema des Vortrags von Dr. Yvonne Zeißig. Es ging um die u. a. von ESPGHAN geäußerte Kritik [2] an den 2023 erschienen WHO-Empfehlungen [3]. Zeißig machte deutlich, dass „globale Richtlinien“ auf dem Feld der Beikost problematisch sind, da die Lebensumstände (z. B. Hygiene, Haushaltseinkommen) weltweit sehr unterschiedlich sind und Empfehlungen daher kontextspezifischer sein sollten.
Melanie Glausch, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Dresden, stellte mit Let´s eat einen Kurs für onkologisch Erkrankte in der Nachsorge und empfehlenswerte Online-Hilfen für Betroffene vor.
Ob die Anwesenden aktuell publizierte Studien ausreichend im Blick haben, „prüfte“ Dr. Andrea Näke, Uni Dresden, in einem nicht ganz ernst gemeinten Quiz, anhand von Publikationen zu Lakritz, Nussverzehr, Bitterschokolade u. a. Eine wichtige Lockerungsübung im vollen Vortragsprogramm, die dennoch den Blick für Studiendesign und Ergebnisrelevanz schärfte.
Den aktuellen Stand der Medikation und Diätetik bei Fettstoffwechselstörungen beschrieb Dr. Sabine Fischer, Med. Klinik III der Uni Dresden, und ging besonders auf die pädiatrischen Herausforderungen ein. Die qualifizierte Ernährungsberatung hat hier einen hohen Stellenwert.
Dem Thema Chrononutrition war der Vortrag von Prof. Olga Ramich, Deutsches Institut für Ernährungsforschung, Potsdam, gewidmet. Auch wenn es hier bedeutende Fortschritte gab (Nobelpreis 2017 für Arbeiten zur „inneren Uhr“), sind die komplexen Zusammenhänge bislang nur in Ansätzen verstanden. Deutlich wird, dass ein sog. circadian misalignment – also Nahrungsaufnahme, aber auch Aktivitäten „gegen“ die innere Uhr – metabolisches Syndrom und kardiovaskuläre Erkrankungen begünstigen kann.
Ähnlich heterogen und nur zum Teil verstanden sind die Zusammenhänge zwischen Ernährung(sweise) und Langlebigkeit. Martin Laaß stellte unterschiedliche Hypothesen vor (einzelne Lebensmittel wie Kaffee oder Knoblauch, Ernährungsmuster wie die mediterrane Diät oder intermittierendes Fasten) und machte zugleich deutlich, dass belastbare Untersuchungen zu diesem Zusammenhang methodisch herausfordernd sind. So kann teilweise nur das „biologische Alter“ als Surrogat-Parameter für Langlebigkeit bestimmt werden, während weitere Faktoren wie Stress oder ausreichende Sozialkontakte ebenfalls wesentlichen Einfluss auf unsere Gesundheit haben.
Literatur
- Reese I, Schäfer C, Ballmer-Weber B: Vegane Kostformen aus allergologischer Sicht – Positionspapier der Arbeitsgruppe Nahrungsmittelallergie der DGAKI. Allergologie 2023; 46: 225–54.
- ESPGHAN, EAP, ESPR, et al.: World Health Organization (WHO) guideline on the complementary feeding of infants and young children aged 6−23 months 2023: a multisociety response. JPGN 2024; 79(1): 181–8.
- WHO: WHO Guideline for complementary feeding of infants and young children 6–23 months of age. 2023. https://iris.who.int/bitstream/handle/10665/373358/9789240081864-eng.pdf (last accessed on 18 February 2025).
Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 3/2025 auf Seite M145.