Max Rubner-Preis an Lukas Schwingshackl: Hohe Übereinstimmung von Ergebnissen aus RCTs und Kohortenstudien

(umk) Die Ernährungsforschung steht immer wieder vor der Herausforderung, den Zusammenhang zwischen einer bestimmten Ernährungsweise oder gar einem Lebensmittel-Inhaltsstoff und gesundheitlichen Auswirkungen belegen zu können. Aus methodischen (Ernährungsweisen beruhen auf einem komplexen und oft langfristig einwirkenden Mix von Lebensmitteln/Inhaltsstoffen), aber auch aus ethischen Gründen (eine Studiengruppe über viele Jahre/Jahrzehnte zu einer Ernährungsweise zu verpflichten, ist nicht möglich) setzt man meist auf Kohortenstudien, die allerdings lediglich Assoziationen zeigen, und keine kausalen Zusammenhänge belegen können.

PD Dr. Lukas Schwingshackl (re.) und DGE-Präsident Prof. Dr. Bernhard Watzl
PD Dr. Lukas Schwingshackl (re.) und DGE-Präsident Prof. Dr. Bernhard Watzl

In der pharmazeutisch-medizinischen Forschung gelten hingegen randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) als Goldstandard. Hierbei werden eine Studiengruppe (TeilnehmerInnen erhalten über einen definierten Zeitraum ein Medikament) und eine Kontrollgruppe (TeilnehmerInnen erhalten das Medikament nicht bzw. ein Placebo) miteinander verglichen.
KritikerInnen der Ernährungsforschung nutzen dieses Methoden-Dilemma nicht selten zu der Aussage, dass es gar keine Evidenz für Ernährungsempfehlungen gäbe.1 Hier setzt die Arbeit von PD Dr. Lukas Schwingshackl und KollegInnen an:
Für die meta-epidemiologische Arbeit [1] analysierten sie insgesamt 950 RCTs sowie 750 Kohortenstudien und untersuchten, inwieweit sich Ergebnisse aus Kohortenstudien und RCTs zu einer ähnlichen Fragestellung voneinander unterscheiden. Insgesamt konnten sie Ergebnisse aus beiden Studientypen zu 97 Fragestellungen, die eine Bandbreite von Interventionen von der Mediterranen Ernährung bis zur Gabe von Nahrungsergänzungsmitteln abdeckte, systematisch miteinander vergleichen. Als Endpunkte wurden u. a. das Auftreten von Herz-Kreislauf-Krankheiten, Krebs, Typ-2-Diabetes sowie die Gesamtmortalität untersucht.
In der Gesamtbetrachtung zeigte sich, dass die Ergebnisse aus RCTs und Kohortenstudien weitgehend übereinstimmen.

Für diese Arbeit wurde PD Dr. Lukas Schwingshackl auf dem 60. Wissenschaftlichen Kongress der DGE in Bonn mit dem Max-Rubner-Preis 2023 ausgezeichnet. In der Begründung der Preisvergabe hebt die DGE hervor: „Die hochwertige und innovative Arbeit von Lukas Schwingshackl hat somit eine enorme Bedeutung, da sie eine bessere Evidenzgrundlage für Ernährungsleitlinien liefert. Diese dienen als Basis für Präventionsmaßnahmen ernährungsmitbedingter Krankheiten in der Bevölkerung.“
Lukas Schwingshackl ist seit 2021 Arbeitsgruppenleiter am Universitätsklinikum Freiburg mit Forschungsschwerpunkt „Evidenzbasierte Ernährungsforschung“. Der gebürtige Südtiroler studierte Diätetik in Bozen und Angewandte Ernährungswissenschaften an der Privaten Universität für Gesundheitswissenschaften in Hall in Tirol und promovierte 2015 an der Universität Wien. In seiner Dissertation beschäftigte er sich bereits mit dem Thema „Systematische Reviews und Meta-Analysen in der Ernährungsepidemiologie“. Im Jahr 2019 habilitierte er im Fach „Public Health Nutrition“ an der Universität Wien.
In der ERNÄHRUNGS UMSCHAU erscheint derzeit von ihm die Beitragsreihe „Basiswissen“ zu unterschiedlichen Studientypen (Heft 12/2022; Heft 3/2023). Wir gratulieren unserem Autor ganz herzlich zu dieser Auszeichnung.

Literatur
1. Schwingshackl L, Balduzzi S, Beyerbach J et al.: Evaluating agreement between bodies of evidence from randomised controlled trials and cohort studies in nutrition research: meta-epidemiological study. BMJ 2021; 374: n1864. doi: https://doi.org/10.1136/bmj.n1864 

Quelle: DGE, Pressemeldung vom 17.03.2023

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1 Vgl. www.ernaehrungs-umschau.de/online-plus/10-08-2020-geht-es-um-evidenz-oder-um-arroganz/ 

Zum Max Rubner-Preis
Der mit 5000 € dotierte Max Rubner-Preis ist nach dem deutschen Physiologen und Hygieniker Max Rubner benannt. Dieser gilt als Begründer der wissenschaftlichen Ernährungsphysiologie und beschäftigte sich v. a. mit Fragen zum Energiestoffwechsel und Wärmehaushalt. Mit dem Preis würdigt die DGE seit 1979 hervorragende wissenschaftliche Untersuchungen, die sich mit Fragen der Ernährungstherapie oder der Prävention ernährungsmitbedingter Krankheiten beschäftigen.



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 4/2023 auf Seite M204.

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