Herzgesundheit: Fehlernährung und vorzeitige Todesfälle

Verschiedene Saaten. © Nicole Nerger/Universität Jena
Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte: Ein zu geringer Verzehr dieser Produkte erhöht das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen.

Jeder sechste Todesfall in Europa ist auf eine unausgewogene Ernährung zurückzuführen, so das Ergebnis einer aktuellen Studie der Friedrich-Schiller-Universität Jena, des Instituts für nachhaltige Land- und Ernährungswirtschaft (INL) und des Kompetenzclusters nutriCARD über den Zusammenhang von Fehlernährung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen [1]. Die Forschenden haben darin den Effekt der Ernährung für kardiovaskulär bedingte Todesfälle im Zeitraum zwischen 1990–2019 analysiert. Die Erhebung basiert auf Daten der Studie zur globalen Krankheitslast (Global Burden of Disease Study) und betrachtet insgesamt 54 Länder in West-, Ost- und Zentraleuropa sowie Zentralasien, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als „europäische Region“ zusammengefasst werden.

„Bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist rund ein Drittel der Todesfälle mit einer Fehlernährung assoziiert“, erläutert Theresa Pörschmann, die Erstautorin der Studie und Doktorandin am Lehrstuhl für Biochemie und Physiologie der Ernährung der Universität Jena. In der Studie konnte gezeigt werden, dass jedes Jahr 1,55 Mio. Menschen durch Fehlernährung bzw. eine unausgewogene Ernährung sterben. Dies entspricht jedem sechsten Todesfall in Europa. Auf die 27 Mitgliedstaaten der EU entfallen demnach rund 600 000 vorzeitige Todesfälle – etwa 112 000 davon auf Deutschland. In Deutschland sind 31 % aller kardiovaskulären Todesfälle auf eine Fehlernährung zurückzuführen. In Europa sterben in der Slowakei (48 %) und in Belarus (47 %) die meisten Menschen an ernährungsbedingten Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die geringste Mortalitätsrate findet sich in diesem Zusammenhang in Spanien (24 %).
Weiter wurde untersucht, welche Ernährungsfaktoren den größten Einfluss auf die vorzeitigen Todesfälle hatten. Zu den negativen Einflussfaktoren gehören der Verzehr von zu wenig Ballastoffen in Form von Vollkornprodukten und zu wenig Hülsenfrüchten, gefolgt von einer salzreichen Ernährung und dem Verzehr von zu viel rotem Fleisch. Auch die Art der Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie die Verteilung zwischen den Geschlechtern und in unterschiedlichen Altersgruppen wurden untersucht. Der Großteil der Todesfälle entfiel dabei auf ischämische Herzkrankheiten wie Erkrankungen der Herzkranzgefäße, gefolgt von Schlaganfällen und hypertensiver Herzkrankheit. In etwa ein Drittel der Todesfälle waren die Betroffenen jünger als 70 Jahre. Die tatsächlich durch eine unausgewogene Ernährung bedingten kardiovaskulären Todesfälle dürften aber noch deutlich höher liegen, denn in der Studie wurden weitere wichtige Risikofaktoren wie Alkoholkonsum und eine zu hohe Energiezufuhr nicht berücksichtigt, sodass der tatsächliche Effekt der Ernährung wahrscheinlich noch größer ist. Zwar steigt die Zahl ernährungsbedingter Todesfälle weltweit aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung und steigender Lebenserwartung an, doch ihr Anteil an den Todesfällen insgesamt sinkt. Bis 2015 habe sich der Anteil an ernährungsbedingten Herz-Kreislauf-Erkrankungen stetig verringert. Seit 2019 steige dieser allerdings wieder leicht, so Prof. Lorkowski vom Institut für Ernährungswissenschaften der Uni Jena. Die Ergebnisse verdeutlichten das große präventive Potenzial einer ausgewogenen Ernährungsweise für die Herzgesundheit.

Literatur
1. Pörschmann T, Meier T, Lorkowski S: Cardiovascular mortality attributable to dietary risk factors in 54 countries in the WHO European Region from 1990 to 2019: an updated systematic analysis of the Global Burden of Disease Study. Eur J Prev Cardio 2024.

Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena, Pressemeldung vom 30.04.2024



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 6/2024 auf Seite M314.

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