Soziale Medien und Esskultur: Virale TikTok-Rezepte

(stg) Das Videoportal TikTok des chinesischen Unternehmens ByteDance, das zunächst v. a. für Lippensynchronisationsvideos und trendige Tanzroutinen bekannt war, ist v. a. in der jüngeren Zielgruppe weltweit sehr erfolgreich. Die NutzerInnen sind vorwiegend Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene: Fast 70 % der aktiven NutzerInnen sind zwischen 16 und 24 Jahren alt. Nur 15 % sind älter als 35 Jahre.

© Qwart/iStock/Getty Images Plus
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Unter den Kurzvideos finden sich mittlerweile unzählige Rezepte, teilweise mit Klickzahlen in zweistelliger Millionenhöhe. Vor allem während der weltweiten Lockdowns sind die Food-Videos auf TikTok immer populärer geworden. Die kurzen, meist mit Musik unterlegten Kochvideos kommen meist ohne Sprache aus. Anders als auf Instagram geht es bei den TikTok-Kochvideos weniger um das Aussehen eines Gerichts, sondern um Inspiration und Innovation.
Zu den viral gegangenen Tik-Tok-Gerichten gehören z. B. „Baked Feta Pasta“, „Poke Burrito“, „Chicken Tikka Tacos“ oder „Pommes mit Kimchi“: Alles Speisen, bei denen Zutaten ungewöhnlich gemixt werden. Die digitale Nähe macht es möglich, dass viele verschiedene Esskulturen auf der Plattform zusammenkommen und so zahlreiche Signature Dishes (also Gerichte, die die „Handschrift“ ihrer/s Köchin/Kochs widerspiegeln) und neues Fusion Food entstehen.
TikTok macht es leicht, Rezeptvideos zu teilen, zu verbreiten, selbst zu verändern und das Ergebnis wieder weiter zu teilen. Das millionenfach geteilte Rezept für „Baked Feta Pasta“ hat für einen weltweiten Anstieg der Fetakäse-Verkäufe gesorgt. In den USA wird das Gericht mittlerweile auch in Restaurants serviert und in Ghost Kitchens von Delivery-Plattformen gekocht und ausgeliefert.
Rezepte und Einkaufslisten können mit dem Tik-Tok-Add-on Jump direkt mit Kochvideos verknüpft werden. Der weltweit größte Online-Grocery-Service Instacart entwickelte ergänzend im Frühjahr 2022 sogenannte Shoppable Recipes. Mit dieser Funktion können NutzerInnen rezeptbasiert online Einkäufe tätigen. Alle benötigten Zutaten – auch solche, die nicht im Supermarkt nebenan erhältlich sind – werden über den Lieferdienst von Instacart bereits in mehr als 5 000 nordamerikanischen Städten ausgeliefert. Das Erkunden neuer Food-Welten wird dadurch erleichtert und virale (Fusion-)Gerichte können einfacher nachgekocht werden.
Der Einfluss von Social Media, insbesondere des Newcomers TikTok, auf das Koch-, Ess- und Einkaufsverhalten der Menschen wächst also; die sozialen Medien sind längst auch „digitale Kochbücher“.

Quelle: Rützler H, Reiter W: Food Report 2023. Zukunftsinstitut, Lebensmittel Zeitung, gv-praxis, foodservice (eds.). Zukunftsinstitut GmbH, Frankfurt: 2022; 92–101.



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 8/2022 auf Seite M404.

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