Geschmacksstoffe: Scharf und sauer stimulieren Immunabwehr
- 12.09.2018
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- Redaktion
Zitronensäure und scharf- schmeckendes 6-Gingerol aus Ingwer stimulieren die molekularen Abwehrkräfte im menschlichen Speichel. Dies ist das Ergebnis einer Humanstudie eines Teams der TU München und des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie.

Der menschliche Speichel ist eine komplexe, wässrige Mischung und enthält neben Schleimhaut- und Immunzellen Moleküle, die unterschiedlichste biologische Aufgaben erfüllen. Speichel ist neben der Nahrungsaufnahme auch für die Gesunderhaltung der Zähne, des Zahnfleischs und der Mundschleimhaut entscheidend. Gegen von außen eindringende Krankheitserreger sind im Speichel verschiedene, antimikrobiell wirkende Moleküle enthalten, zu denen auch das antibakteriell wirkende Lysozym gehört.
Sie sind Teil des angeborenen, molekularen Immunsystems. Dass Faktoren wie Alter, Gesundheitszustand, aber auch, was jemand isst und trinkt, die Speichel-Zusammensetzung beeinflussen, ist inzwischen belegt. Über die Effekte einzelner Lebensmittelinhaltsstoffe ist jedoch noch wenig bekannt. Daher untersuchte das Wissenschaftlerteam um Studienleiter Prof. Thomas Hofmann, Leiter des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der TU München, den Einfluss unterschiedlicher Geschmacksstoffe auf die Speichelzusammensetzung des Menschen:
• Zitronensäure sauer
• Aspartam süß; Süßstoff
• Iso-alpha-Säuren bitter
• Natriumglutamat umami; Geschmacksverstärker
• Kochsalz salzig
• 6-Gingerol scharf, in Ingwer enthalten
• Hydroxy-alpha-Sanshool kribbelnd, in Szechuanpfeffer enthalten
• Hydroxy-beta-Sanshool betäubend, in Szechuanpfeffer enthalten
Alle untersuchten Substanzen modulierten die Proteinzusammensetzung des Speichels in mehr oder weniger großem Umfang; zudem aktivierten die durch Zitronensäure und 6-Gingerol ausgelösten Veränderungen das molekulare Abwehrsystem im Speichel. 6-Gingerol steigerte die Aktivität eines Enzyms, welches das im Speichel gelöste Thiocyanat in Hypothiocyanat umwandelt, wodurch sich die Menge des antimikrobiell und fungizid wirkenden Hypothiocyanats im Speichel in etwa verdreifachte. Dagegen ließen die durch Zitronensäure ausgelösten Veränderungen die Lysozym-Spiegel im Speichel um das bis zu Zehnfache ansteigen.
Wie Untersuchungen an Bakterienkulturen belegen, reicht diese Erhöhung aus, um das Wachstum von Gram-positiven Bakterien fast komplett zu unterbinden (Lysozym zerstört deren Zellwand). „Unsere neuen Erkenntnisse zeigen, dass geschmacksgebende Stoffe bereits im Mundraum biologische Wirkungen besitzen, die weit über ihre bekannten sensorischen Eigenschaften hinausgehen“, so Prof. Hofmann.
Diese mit neuesten Analysemethoden weiter zu erforschen, sei eins der Ziele, die sich die Lebensmittel-Systembiologie gesetzt habe. So ließen sich auf lange Sicht neue Ansätze für die Produktion von Lebensmitteln finden, deren Inhaltsstoff- und Funktionsprofile an den gesundheitlichen und sensorischen Bedürfnissen der VerbraucherInnen ausgerichtet seien.
Literatur:
1. Bader M, Dunkel A, Wenning M et al.: Dynamic proteome alteration and functional modulation of human saliva induced by dietary chemosensory stimuli. J Agric Food Chem 66: 5621–5634
Quelle: TU München, Pressemeldung vom 18.06.2018
Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 09/18 auf Seite M479.