Essen & Psyche: Hemmt fettreiche Nahrung die Hirnreifung bei Heranwachsenden?
- 13.01.2017
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- Redaktion
Erkenntnisse der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) und der Universität Zürich deuten darauf hin, dass fettreiches Essen die Reifung eines Teils der Hirnrinde bei Heranwachsenden massiv stören könnte. Dadurch drohen im Erwachsenenalter Defizite bei Lernprozessen, der Persönlichkeit und der Impulskontrolle [1].
In einem Mausmodell wurden heranwachsende und erwachsene Mäuse entweder mit extrem fettreicher oder normaler Nahrung gefüttert. Das fettreiche Futter enthielt überproportional große Mengen an gesättigten Fetten, wie sie z. B. in Fast Food, Wurstwaren, Butter, aber auch in Kokosöl vorkommen.
Nach 4 Wochen zeigten die Jungtiere, die fettreiche Nahrung erhielten, erste kognitive Defizite – noch bevor sie an Gewicht zulegten. Entscheidend für die Entstehung dieser Defizite ist das Zeitfenster des Fettkonsums: Dieser wirkt sich vornehmlich in der Adoleszenz, also in der Zeit von der späten Kindheit bis zum jungen Erwachsenenalter, negativ auf die Reifung des Präfrontalen Cortex („Stirnhirnrinde“) aus, dessen Reifung bei Mensch und Maus erst im frühen Erwachsenenalter abgeschlossen ist. Der Präfrontale Cortex ist deshalb während seines Reifungsprozesses anfällig für negative Umwelteinflüsse wie Stress, Infektionen, Traumata – oder eben einseitige unausgewogene Ernährung. Im Präfrontalen Cortex sind Gedächtnis, Planung, Impulskontrolle und Sozialverhalten lokalisiert.
Keinen Verhaltenseffekt zeigten hingegen ausgewachsene Mäuse, die über längere Zeit (zu) fettreiche Nahrung aufnahmen. Bei ihnen stieg allerdings der Körperfettgehalt. „Das schließt allerdings nicht aus, dass fettreiche Nahrung nicht auch die Gehirne von erwachsenen Mäusen schädigen kann“, betont Prof. Urs Meyer, ehemaliger Gruppenleiter des Labors für Physiologie und Verhalten an der ETH Zürich, mittlerweile Professor an der Universität Zürich.
Laut Prof. MEYER sind die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar. Er räumt allerdings ein, dass die fettreiche Nahrung – über 60 Energieprozent Fett – nicht dem entspricht, was die meisten Menschen über längere Zeit einnehmen. Diese Zuspitzung sollte den prinzipiellen Effekt fettreicher Nahrung auf die Gehirnreifung aufzeigen. Einen Grenzwert, wie hoch der Fettanteil der Nahrung sein darf, kann die Studie nicht geben.
Literatur: 1. Labouesse M et al. (2016) Hypervulnerability of the adolescent prefrontal cortex to nutritional stress via reelin deficiency. Mol Psychiatry [DOI: 10.1038/mp. 2016.193]
Quelle: ETH Zürich, Pressemeldung vom 15.11.2016
Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 1/17 auf Seite M4.