Klima und Ernährung: War starke Dürre mitauslösender Faktor des Syrienkonflikts?
- 13.05.2016
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- Redaktion
Die letzten Dürreperioden im Nahen Osten waren die stärksten, die aus heutiger Sicht je gemessen werden konnten. Wissenschaftler halten einen Zusammenhang mit dem Treibhauseffekt für wahrscheinlich und vermuten, dass Konflikte wie der Bürgerkrieg in Syrien durch der Dürre nachfolgende Entwicklungen wie Hunger und Migration mit eingeleitet werden können.
In einer unter anderem von der NASA geförderten Studie von Cook et al. [1] wurde untersucht, wie ausgeprägt die letzte große Dürre von 1998–2012 im Mittelmeerraum inkl. des Nahen Ostens im Vergleich zu Dürreperioden in den letzten 900 Jahren ausfiel. Vergangene Dürreperioden wurden in der Studie über die Dicke der Baumringe entsprechend alter lebender oder toter Bäume in verschiedenen Mittelmeerregionen analysiert. Dünne Baumringe zeigen dabei eine schlechte Versorgung durch Wasserknappheit an, dicke entstehen in Jahren, in denen den Bäumen ausreichend Wasser zur Verfügung steht. Den Ergebnissen der vergleichenden Analysen und Berechnungen zufolge war die aktuelle Dürre mit einer Wahrscheinlichkeit von 89 % die stärkste aller Dürreepisoden in den letzten 900 Jahren und zu 98 % die stärkste innerhalb der letzten 500 Jahre.
Forscher sehen in einem so ausgeprägten, bisherige Klimalagen weit übersteigenden Wassermangel eine wahrscheinliche Folge des Klimawandels und prognostizieren, dass solche trockenen Episoden sich in Zukunft noch häufen und verschärfen werden. Sie konstatieren weiterhin, dass eine Dürreperiode wie diese das Potenzial hat, Ernährungs- und daraus folgend Sozial- und Wirtschaftssysteme zu zerstören und beziehen sich dabei auf mehrere Veröffentlichungen der letzten Jahre zu diesen Zusammenhängen.
Auch ein US-amerikanisches Forschungsteam um Kelley et al. vermuten aufgrund eigener Analysen, dass die ausgeprägte Dürreperiode in Syrien zwischen 2007 und 2010 – die trockenste, die je gemessen wurde – eine Rolle für den aktuellen Bürgerkrieg in Syrien gespielt hat [2]. Ihnen zufolge hat die Wasserknappheit bestehenden Wassermangel und die Folgen einer ungünstigen Landwirtschaftspolitik weiter verschärft, wodurch es zu massiven Ernteeinbrüchen und massenhaftem Sterben von Nutzvieh kam. Dies hatte eine Migration von bis zu 1,5 Mio Menschen in die Randgebiete syrischer Großstädte zur Folge, wodurch sich die Situation dort mit ohnehin hohem Bevölkerungswachstum und Übervölkerung armer Stadtrandgebiete, mit hoher Arbeitslosigkeit und Armut noch zuspitzte. Vom politischen System ignoriert, wurden solche Siedlungsgebiete zum Kern politischer Unruhen. Die Dürre mit nachfolgender Wasser- und Lebensmittelknappheit verschärfte damit bereits bestehende Risikofaktoren und steht daher den Wissenschaftlern zufolge in direktem Zusammenhang mit dem Einsturz des politischen Systems in Syrien [2].
Literatur:
1. Cook BI, Anchukaitis KJ, Touchan R et al. (2016) Spatiotemporal drought variability in the Mediterranean over the last 900 years. Geophys Res Atmos [DOI: 10.1002/2015JD023929]
2. Kelley CP, Shahrzad M, Cane MA et al. (2015) Climate change in the fertile crescent and implications of the recent Syrian drought. PNAS 112: 3241–3246
Den Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 05/16 auf Seite M258.