Lebensmittelkunde: Sprossen: Haltbarmachung von Getreidekeimlingen durch Trocknen
- 13.08.2020
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- Cathleen Bunzel
Zudem trägt die Entstehung des Enzyms Amylase dazu bei, dass durch den Keimungsprozess des Getreides bereits der erste Verdauungsschritt, die Spaltung der Stärke in den Zweifachzucker Maltose, eingeleitet wird [5, 6]. Dadurch werden die Bekömmlichkeit des Getreides verbessert und das Aroma intensiviert [7].
Des Weiteren läuft ein Abbau der in den Getreiderandschichten vorkommenden Proteaseinhibitoren ab. Diese blockieren die Aktivität von Proteasen (Abwehr von „Fress“feinden) [6, 8]. Durch den Abbau dieser kann die Spaltung des Nahrungsproteins ungehindert ablaufen. Die Keimung impliziert ebenso eine nachgewiesene Steigerung der essenziellen Aminosäuren Lysin (limitierend) und Threonin [9], welche die biologische Wertigkeit des Vollkorns verbessert. Außerdem ist ein Anstieg der essenziellen n-3-Fettsäure α-Linolensäure [10, 11] und weiterer Inhaltsstoffe wie Ascorbinsäure [12] und Tocopherol [13] zu beobachten und verstärkt somit die antioxidative Wirkung des Getreides [12].
Die meisten Effekte intensivieren sich abhängig von der idealen Keimungsdauer und dem Ausgangszustand der Getreidesaat. Um konkretere und homogenere Aussagen treffen zu können, besteht weiterer Forschungsbedarf.
Nichtsdestotrotz sind angekeimte Getreidesaaten für Menschen mit einem erhöhten oder speziellen Nährstoffbedarf interessant. Darunter zählen u. a. Schwangere, Stillende, SeniorInnen, Personen mit chronischen (Darm)Erkrankungen, SportlerInnen und Personen mit pflanzenbasierter Ernährung [14]. Ein Teil der aufgezählten Personengruppen, bei denen das Integrieren von Sprossen in der Ernährung sinnvoll wäre, müssen aufgrund eines geschwächten Immunsystems und der möglichen Kontamination mit pathologischen Mikroorganismen darauf verzichten [15].
Das schonende Trocknen (ca. 50 °C) der zunächst angekeimten Saaten ermöglicht ein haltbares Endprodukt. Ergebnisse sind verzehrfertige Lebensmittel wie Müsli, Mehl, Reis oder Nudeln, die unbedenklich für sensible Personengruppen sowie einfach zu handhaben und deshalb leicht in den Alltag zu integrieren sind. Zudem profitieren all jene, die nach dem Verzehr von Vollkorngetreideprodukten unter einem unangenehmen Völlegefühl leiden oder denen der Geschmack von herkömmlichen Vollkornprodukten zu herb ist [7].
⇒ Lesen Sie auch den Beitrag „Sprossen: Innovatives Mikrogemüse“ in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 9/2019!
Cathleen Bunzel,
Diätassistentin BSc Diätetik cand. MSc Ernährungstherapie
Literatur:
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- Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut: Anforderungen an die Hygiene bei der medizinischen Versorgung von immunsupprimierten Patienten – Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut (RKI). Bundesgesundheitsblatt 2010; 53: 364.
Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 8/2020 auf Seite M446.