Ernährungspsychologie: Heißhunger auf Süßes und Salziges kurz vor der Menstruation
- 13.08.2020
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Das Team an der Professur für Psychotherapie und Systemneurowissenschaften und der Professur für Differentielle und Biologische Psychologie der JLU hat dazu in einem Zeitraum von 3 Monaten 35 junge gesunde Frauen, die nicht hormonell verhüten, wiederholt ins Labor eingeladen – in der ersten Zyklushälfte, zur Zeit des Eisprungs und in der Zeit kurz vor der Menstruation. Die Frauen wurden gebeten, Bilder hoch- und niedrig-kalorischer Lebensmittel anzuschauen und hinsichtlich ihrer Schmackhaftigkeit zu bewerten.
Zur Messung der Aufmerksamkeit und Sensibilität gegenüber den Bildern leiteten die WissenschaftlerInnen die Hirnströme der Frauen mittels Elektroenzephalogramm (EEG) ab und maßen die jeweilige Konzentration des Sexualhormons Progesteron. Zusätzlich machten die Frauen aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen Angaben zu Beschwerden und Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit dem Monatszyklus. Sie berichteten z. T. von Unwohlsein bis hin zu Schmerzen, aber auch von Beeinträchtigungen in ihren sozialen Beziehungen, bspw. im Arbeitsumfeld oder bei ihren Hobbies.
Die im Rahmen der Studie erhobenen Daten belegen, dass Frauen in der Zeit kurz vor der Menstruation deutlich sensibler auf Bilder hochkalorischer Lebensmittel reagieren als in anderen Zyklusphasen. Für niedrigkalorische Bilder zeigte sich dieser Effekt jedoch nicht. Erstautorin Dr. Jana Strahler fasst die Ergebnisse zusammen: „Je niedriger die Progesteron-Konzentration und je größer die Beeinträchtigungen, von der die Frauen im Zusammenhang mit ihrer Periode berichteten, umso geringer war die EEG-Reaktion auf Bilder hochkalorischer Lebensmittel.“ Keine Unterschiede habe es in der subjektiven Bewertung der Bilder gegeben.
Das Forschungsteam nimmt daher an, dass es Frauen mit niedrigen Progesteronspiegeln in der Zeit vor der Periode und mit höheren durch die Periode bedingten Beschwerden leichter fällt, ihre Aufmerksamkeit auf Essensreize zu lenken. Ob eine derart veränderte Reaktion auch relevant für die Entwicklung von Essstörungen, Adipositas oder Prämenstruellen Dysphorischen Störungen ist, ist bisher ungeklärt.
Weitere Studien an Patientinnen müssen zeigen, ob eine verringerte Sensibilität für hochkalorische Nahrungsmittel für einen übermäßigen Verzehr hochsüßer und fettreicher Lebensmittel anfällig macht oder – im Gegenteil – sogar davor schützt.
Literatur: 1. Strahler J et al.: Food cue-elicited brain potentials change throughout menstrual cycle: modulation by eating styles, negative affect, and premenstrual complaints. Horm Behav 2020; 124: DOI: 10.1016/j.yhbeh.2020.104811.
Quelle: Justus-Liebig-Universität Gießen, Pressemeldung vom 08.07.2020
Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 8/2020 auf Seite M445.