Global Nutrition Report 2016: Unter- und Überernährung bis 2030 beenden – wie?

Der gerade erschienene Global Nutrition Report 2016 des IFPRI (International Food Policy Research Institute) fordert entsprechend der international vereinbarten Sustainable Developement Goals (SDGs) Mangelernährung weltweit bis 2030 zu beenden. Unter Mangelernährung werden hier akute und chronische Unterernährung, Mikronährstoffmängel, aber auch Überernährung gefasst.

Der Report soll Fortschritte und Missstände bei der Bekämpfung der Mangelernährung weltweit aufzeigen und auf Möglichkeiten hinweisen, den Prozess zur Beendigung von Mangelernährung zu beschleunigen.

Heute stellen Mangelernährung im Kindesalter bei gleichzeitig vorkommendem Übergewicht im Erwachsenenalter in 44 % der Länder mit verfügbaren Daten (57 von 129 Ländern) äußerst ernste Gesundheitsprobleme dar. Folgende Aufzählung nennt Auszüge aus einigen Kernthemen des Berichts.

1. (Mangel-)Ernährung ist der größte Risikofaktor für die Krankheitslast weltweit (global burden of disease). In Afrika und Asien betragen die dadurch verursachten Verluste des Bruttoinlandsprodukts schätzungsweise 11 %. Hierin sieht der Global Nutrition Report auch Chancen, denn Interventionen sind in diesem Bereich sehr kosteneffektiv: pro eingesetztem Dollar für Präventionszwecke resultieren etwa 16 Dollar.

2. Eine verbesserte Ernährungssituation hat u. a. positiven Einfluss auf die Bevölkerungsgesundheit, Bildung, Beschäftigung, Stärkung der Rolle der Frau, Verringerung von Armut und Ungleichheit, Klimawandel etc. und wird vice versa auch von diesen Bereichen beeinflusst. Damit haben auch die meisten der 17 SDGs Ernährungsbezug. Zur Erreichung dieser Entwicklungsziele wird daher gefordert, Ernährung umfassend mit einzubeziehen und die Wirkung auf Ernährungsebene zu messen.

3. Die derzeitigen Ausgaben, um alle Formen der Mangelernährung zu bekämpfen, sind zu niedrig. Auch die Ausgaben für Interventionen mit Bezug auf ernährungsmitbedingte nichtübertragbare Krankheiten scheinen vor dem Hintergrund, dass diese für ca. die Hälfte aller Todesfälle in Ländern niedrigen und mittleren Einkommens verantwortlich sind, zu gering.

4. Länder und Unternehmen, die sich Ernährungsziele setzen, sind hierin auch tatsächlich erfolgreicher als diejenigen, die keine Ziele setzen. Jedoch werden in den meisten Ernährungsplänen nicht alle Ebenen mit einbezogen und nur 30 % aller Länder berücksichtigen explizit Adipositas, Diabetes mellitus und Salzreduktion in ihren nationalen Zielen zu nichtübertragbaren Krankheiten. Zudem bemisst der Global Nutrition Report die Ziele von nur ca. 2/3 der Länder als konkret und spezifisch genug für eine realistische Verfolgbarkeit.

5. Strategien und politische Programme müssen unbedingt stärker umgesetzt werden. So haben bspw. nur 36 % der Länder den „Internationalen Kodex für die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten“ umgesetzt, kein Land hat bisher einen umfassenden Ansatz zur Regulierung von an Kinder gerichteter Lebensmittelwerbung verabschiedet und 2/3 aller Länder zeigen keinen Fortschritt in der Reduktion von Salz, gesättigten und Trans-Fettsäuren.

6. Die Datenlage zur Ernährungssituation muss weltweit besser werden, damit ernährungsspezifische Ungleichheiten und Probleme identifiziert und ihnen konkret begegnet werden kann.

Der Bericht zeigt anhand von Daten, Länder- und Projektbeispielen, dass die aktuell unbefriedigende Situation geändert werden kann. Fortschritte sind auf engagierte Regierungen zurückzuführen, denn letztlich ist das Vorgehen gegen Mangelernährung eine politische Entscheidung, die von Regierungsträgern, Spendern, der Zivilgesellschaft und Unternehmen getragen wird.

Literatur: 1. IFPRI (2016) Global Nutrition Report 2016. From promise to impact. Ending malnutrition by 2030. Washington, D.C. (2016)

=> Auch interessant zu diesem Thema ist eine aktuelle Veröffentlichung zur globalen Entwicklung der Adipositas der NCD Risk Factor Collaboration: „Trends in adult body-mass index in 200 countries from 1975 to 2014: a pooled analysis of 1698 population- based measurement studies with 19·2 million participants“, zusammengefasst in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 5/2016, S. M261.


Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 09/16 auf Seite M504.

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