Säuglingsnahrung: Auf dem Weg zu besserem Ersatz von Muttermilch?

Forschende der Universität Witten/Herdecke (UW/H) und der Universität Kopenhagen konnten zeigen, wie sog. microRNAs in der Muttermilch dazu beitragen könnten, dass sich die Darmflora bei Neugeborenen richtig entwickelt [1].

MicroRNAs sind winzige molekulare RNA-Stücke, die aus dem mütterlichen Erbgut entstehen. Über die Muttermilch aufgenommen, könnten sie die Aktivität von Genen und damit die kindliche Entwicklung steuern. Industriell hergestellte Säuglingsnahrung enthält ebenfalls microRNAs, sie sind aber nur teilweise identisch mit menschlichen. Ziel der Studie war es, herauszufinden, ob die microRNAs aus der Muttermilch die Verdauung überstehen, in Zellen eindringen und möglicherweise die Genregulation bei Neugeborenen beeinflussen können. Laut Prof. Dr. Jan Postberg der UW/H könnten mit diesem Wissen Ersatzprodukte verbessert werden, um bspw. die Entwicklung des unreifen Darms bei extrem zu früh geborenen Kindern zu unterstützen.
Das Team verwendete nicht-menschliche microRNAs aus Ersatz- (oder Pre-)Nahrungen für Babys, um den Weg dieser Moleküle über den Magen-Darm-Trakt zu verfolgen. Menschliche microRNAs aus der Muttermilch eignen sich nicht zur Nachverfolgung, da bei der Analyse nicht unterschieden werden kann, ob sie über die Nahrung aufgenommen oder vom Neugeborenen selbst hergestellt wurden.
Sowohl bei menschlichen Neugeborenen als auch bei Ferkeln, die Kuhmilch bekamen, fand das Forscherteam Hinweise darauf, dass microRNAs aus der Milch von den Zellen aufgenommen und auf spezielle Proteine geladen werden. „Sie könnten also eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des Darms während eines kritischen Zeitfensters direkt nach der Geburt spielen“, gibt sich Prof. Postberg betont vorsichtig. Weitere Forschung zur Identifizierung spezifischer microRNAs sei notwendig, um Aussagen über ihre potenziellen Auswirkungen auf die Gesundheit von Neugeborenen treffen zu können.

Literatur
1. Weil PP, Reincke S, Hirsch CA, et al: Uncovering the gastrointestinal passage, intestinal epithelial cellular uptake, and AGO2 loading of milk miRNAs in neonates using xenomiRs as tracers. Am J Clin Nutr 2023; 117(6): 1195–210.

Quelle: Universität Witten/Herdecke, Pressemeldung vom 11.07.2023



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 9/2023 auf Seite M533.

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