Verpackungshinweise: Bedeutet fettarm auch weniger Zucker?

Eine aktuelle Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) [1] untersuchte den Einfluss von Verpackungshinweisen auf Joghurts („fettarm“) auf die Wahrnehmung und das Kaufverhalten. Hierfür führten die Forschenden drei Experimente durch. Insgesamt nahmen 760 Personen aus den USA an den Online-Experimenten teil. Sie wurden gebeten, den Energie-, den Zucker- und den Fettgehalt auf einer siebenstufigen Skala zu bewerten. Außerdem sollten sie angeben, ob sie das Produkt kaufen würden.

Verbraucher*innen schätzen als „fettarm“ gekennzeichnete Produkte häufiger auch als zuckerarm ein. © Yana Momchilova/iStock/Getty Images Plus
Verbraucher*innen schätzen als „fettarm“ gekennzeichnete Produkte häufiger auch als zuckerarm ein. © Yana Momchilova/iStock/Getty Images Plus

Die Ergebnisse: Die Befragten schätzten den niedrigeren Kaloriengehalt des fettarmen Joghurts meist richtig ein. Gleichzeitig glaubten sie aber auch, dass der Joghurt weniger Zucker enthielte als der Joghurt ohne diese Angabe. Im zweiten und dritten Experiment wurde einem Teil der Befragten das fettarme Produkt nach dem ersten Durchlauf noch einmal mit den tatsächlichen Nährwertangaben auf der Vorderseite gezeigt. Diese Gruppe korrigierte ihre Meinung zum Zuckergehalt. Gleichzeitig sank ihre Kaufbereitschaft, obwohl der fettarme Joghurt weniger Kalorien enthielt. Einer Vergleichsgruppe wurden fettarme Produkte direkt mit den Nährwertangaben auf der Vorderseite der Packung präsentiert, ihre Kaufabsicht änderte sich nicht.
„Viele Menschen wollen sich gesund ernähren, schaffen dies aber aus vielfältigen Gründen nicht. Dabei spielen auch die Angaben auf Lebensmittelverpackungen eine Rolle, da sie die Wahrnehmung der Verbraucherinnen und Verbraucher verzerren können“, so Wirtschaftswissenschaftler und Studienleiter PD Dr. Steffen Jahn von der MLU. Diesen Effekt würden sich einige Hersteller zunutze machen: In Australien wurde eine Kuchenmischung mit „97 Prozent fettfrei“ beworben, die gleichzeitig zu 55 % aus Zucker bestand. Wie die Studie zeigt, fühlen sich die Befragten getäuscht, da sie einen Teil der Wahrheit verdeckt, auch wenn die Herstellerangabe „fettarm“ bei diesen Produkten strenggenommen stimmt.

Literatur
1. Jahn S, Elshiewy O, Döring T, Boztug Y: Truthful yet misleading: Consumer response to ‘low fat’ food with high sugar content. Food Qual Prefer 2023; 109.

Quelle: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Pressemeldung vom 27.06.2023



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 9/2023 auf Seite M541.

Das könnte Sie interessieren
Status quo zum Umgang mit hochverarbeiteten Produkten, Salz, Zucker und Fett in der... weiter
DFG veröffentlicht Positionspapier zum künftigen EU-Forschungsrahmenprogramm weiter
Semaglutid bei Menschen mit Typ-2-Diabetes und chronischer Nierenerkrankung weiter
Thromboserisiko durch Erythrit? weiter
Xylit ist mit erhöhtem Risiko für Herzprobleme verbunden weiter
Milch-, Käse- und Butterverbrauch sinkt erneut weiter