STOP Policy Briefs: Nährwertkennzeichnung und Gesundheitspolitik

(umk) Regulatorische Maßnahmen im Zusammenhang mit Lebensmitteln bzw. Lebensmittelwerbung sind aktuell wieder Gegenstand heftiger Debatten zwischen Politik, Verbraucherschutzorganisationen, dem Handel und der Lebensmittelindustrie.

Die WHO-Policy Briefs des STOP-Projekts (Science and Technology in childhood Obestiy Policy) [1] sind als Argumentations- und Umsetzungshilfe für Strategien zur Bekämpfung der Adipositas bei Kindern gedacht. Die komprimierten Kurz-Dossiers stellen jeweils eine konkrete Maßnahme der Gesundheitspolitik in den Mittelpunkt. In den vergangenen Ausgaben wurden bereits die Policy Briefs zu Nudging im schulischen Kontext (ERNÄHRUNGS UMSCHAU 6/2023, Seite M339) und zur Regulierung von an Kinder adressiertem Lebensmittelmarketing vorgestellt (Heft 8/2023, Seite M468).

Nährwertkennzeichnung als Instrument zur Förderung einer gesunden Ernährung
Die Weltgesundheitsversammlung (World Health Assembly, WHA) hat in zahlreichen Dokumenten die Nährwertkennzeichnung als ein wichtiges Instrument zur Förderung einer gesunden Ernährung herausgestellt. Politische Regulierung der Nährwertkennzeichnung kann sich dabei u. a. auf gesetzliche Vorgaben für Zutatenlisten, Art und Umfang der Nährwertdeklaration, ergänzende Nährwertangaben und Zusatzinformationen (z. B. Front-of-Pack-Labelling, FOPL) beziehen, aber auch auf nährstoff- und gesundheitsbezogene Aussagen. Da die Nährwertkennzeichnung von der Lebensmittelindustrie auch als Marketinginstrument genutzt wird, muss sichergestellt werden, dass hierbei keine falschen, irreführenden oder täuschenden Angaben gemacht werden.
Unter bestimmten Umständen kann die Kennzeichnung auch Bestrebungen zur Reformulierung von Lebensmitteln wie die Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten [2] fördern, da die Hersteller z. B. ihre Produkte in günstigere Nutri-Score-Kategorien einordnen möchten.
Das Dossier geht auch auf die Evaluation der Wirksamkeit unterschiedlicher Maßnahmen der Nährwertkennzeichnung ein. Hierbei spielen viele Faktoren eine Rolle, z. B. die Art des Lebensmittels und seiner Verpackung, die Zielgruppe und die Einkaufs- bzw. konkrete Verzehrssituation. Hier sehen die Autor*innen des Dossiers noch großen Forschungsbedarf, da Verbraucher*innen die Nährwertangaben zwar mittlerweile bewusster wahrnehmen, aber nicht unbedingt korrekt deuten (vgl. die Meldung „Bedeutet fettarm auch weniger Zucker?“ auf S. M541 in diesem Heft). Ergänzende Angaben, z. B. FOPL, können hier unterstützen und „das Verständnis der Verbraucher*innen für den Nährwert seines Lebensmittels erleichtern und [ihm*ihr] bei der Interpretation der Nährwertdeklaration helfen“.
Der STOP Policy Brief Nutrition Labelling ist als pdf-Download unter [3] verfügbar. Auf 15 Seiten ist wie in allen Policy Briefs die wissenschaftliche Datenlage mit umfassendem Quellenverzeichnis zusammengestellt.

Literatur

  1. Science and Technology in childhood Obesity Policy (STOP): What is stop? www.stopchildobesity.eu/what-is-stop/  (last accessed on 3 July 2023).
  2. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL): Nationale Reduktionsund Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten. www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/reduktionsstrategie/reduktionsstrategie_node.html  (last accessed on 10 August 2023).
  3. World Health Organization (WHO), United Nations Children´s Fund (UNICEF): Nutrition labelling: policy brief. www.stopchildobesity.eu/wp-content/uploads/2022/06/9789240051324-eng.pdf  (last accessed on 10 August 2023).


Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 9/2023 auf Seite M532.

Das könnte Sie interessieren
Interprofessionelle Zusammenarbeit im Studium: Förderung der Patient*innensicherheit durch... weiter
Änderungen bei Kennzeichnung und Zusammensetzung für Honig & Co. weiter
Nachhaltige Gemeinschaftsverpflegung – Herausforderungen und Erfolgsfaktoren weiter
Immer häufiger Cannabinoide in Süßwaren weiter
Ernährungspyramide aktualisiert weiter
Supermärkte und Discounter fördern ungesunde Essgewohnheiten weiter