Universitätsklinik Jena: Plazentaverzehr nur Placebo
- 13.11.2019
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- Stella Glogowski
Auch am Universitätsklinikum Jena wenden sich Schwangere mit solchen Fragen an Ärzte/Ärztinnen und Hebammen. Dort gehen WissenschaftlerInnen im Placenta-Labor der Klinik für Geburtsmedizin der Plazentophagie – so der Fachbegriff für den Plazentaverzehr – auf den Grund. „Alles was im Umlauf ist, ist wissenschaftlich nicht belegt“, sagt PD Dr. Tanja Groten, geschäftsführende Oberärztin an der Klinik für Geburtsmedizin, dazu. Es gebe kaum wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Studien.
Die Ärztin Sophia Johnson untersuchte die hormonelle Zusammensetzung der Plazenta, die das Kind im Mutterleib mit Nährstoffen und Hormonen versorgt. Das etwa 500 g schwere Organ wird nach dem Kind als Nachgeburt geboren und hat in diesem Moment seine Aufgabe erfüllt. Für die Analyse ausgewählt wurden sechs Plazenten, die Frauen dem Labor zu Forschungszwecken überließen.
Um möglichen Risiken des Plazentaverzehrs nachzugehen, wurden die Organe mikrobiologisch auf mögliche bakterielle Verunreinigungen untersucht. Die gefundenen Mikroorganismen stammten hauptsächlich aus der Vaginalflora und gingen nach der Verarbeitung durch Trocknen vorwiegend zurück. Zudem wurde untersucht, wie sich die Verarbeitung der Plazenta nach traditionellen Methoden – z. B. durch Trocknen oder Pulverisieren – auf die Hormonkonzentration auswirkt. Die Messergebnisse waren aufschlussreich: Bei der Verarbeitung gemäß der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) z. B. betrug der Hormonverlust im Vergleich zum Rohzustand 99 % (gemessen wurden Corticotropin-Releasing-Hormon, Humanes Plazentalaktogen [hPL], Oxytocin, Adrenocorticotropin [ACTH], Östrogen- und Gestagenäquivalente).
Damit stellt sich die Frage, was von dem in Erfahrungsberichten geschilderten positiven Effekt durch die Einnahme von Plazenta zu halten ist. „Möglicherweise handelt es sich dabei um einen sehr guten Placeboeffekt“, vermuten die Wissenschaftlerinnen. Angesichts der geringen Zahl von untersuchten Plazenten und dem Aufbau als reine Laborstudie könne die Forschungsarbeit allerdings nur ein erster Schritt sein. Eine weitere Dissertation ist in Arbeit. „Es ist uns wichtig, Frauen gut und wissenschaftlich fundiert zu dem Thema beraten zu können“, begründet Tanja Groten, die die Arbeit betreut.
Literatur
1. Johnson SK et al. (2018) Human placentophagy: effects of dehydration and steaming on hormones, metals and bacteria in placental tissue. PLACENTA 67: 8–14
Quelle: Universitätsklinikum Jena, Pressemeldung vom 20.08.2019
Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 11/2019 auf Seite M636.