RAL GEK Symposium Ernährung: Nachhaltige Gemeinschaftsverpflegung – Herausforderungen und Erfolgsfaktoren
- 13.11.2024
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- Udo Maid-Kohnert
Die Planetary Health Diet als positive Botschaft in der Küche stellten der vegane Schulungskoch Falk Millisterfer, Vegane Gastronomieberatung Quantum Kitchen, und Diätkoch + Verpflegungsmanager/DGE Michael Loitz von der Beratungsplattform essen & ernähren.de für Küchen und Kantinen in der Gemeinschaftsverpflegung vor. Ob Entwicklung vegetarischer Menüs, Bio-Zertifizierung oder Nutzung von Fördermöglichkeiten: An praktischen Beispielen wurde deutlich, was für eine Ernährungswende in der GV nötig ist, welche Hemmnisse es gibt und wie man diese erfolgreich bewältigen kann.
Sören Kube, Diätassistent und Koch, gab einen Zwischenstand zum Projekt Healthy Hospital Food und schilderte die zahlreichen Entscheidungsebenen in Krankenhäusern. Sie mit den jeweils passenden Daten und Argumenten gut einzubinden ist eine Aufgabe, der sich die Physicians Association for Nutrition (PAN) mit dem Projekt stellen will. Denn in Krankenhäusern spielt neben Gesundheit und Nachhaltigkeit v. a. der Aspekt Kosteneffizienz die zentrale Rolle.
Pflanzliche Alternativprodukte speziell für Großkunden sind teilweise immer noch nicht in der gesuchten Qualität (z. B. Standzeit bei Teigwaren) und den benötigten Gebindegrößen erhältlich. Online zugeschaltet stellte Stefanie Heutling, Senior Consultant Food Services von ProVeg e. V., die Ergebnisse einer in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Fachverlag durchgeführten Umfrage von November 2023 vor. Vorrangig wurden von den teilnehmenden Großküchen die teilweise immer noch sehr hohen Preise für Alternativprodukte für Fleisch und Molkereiprodukte (ohne Käse) als Hemmnis genannt. Generell nur wenige Betriebe wagten sich bereits an pflanzliche Fischalternativen heran. Bei den Fleischalternativen waren Produkte aus Erbse am beliebtesten, noch vor Sojaprodukten. Hier konnte Sebastian Müller in seinem Vortrag anknüpfen: Die Boonian GmbH setzt bei ihren Fleischalternativen aus Erbsen und Soja auf europäischen Anbau.
Wie kann man mit Gastronomie erfolgreich nachhaltiger werden? An Marketingbeispielen von angesagten „veganen Locations“ zeigte Balàzs Tarsoly, Branding Cuisine GmbH & Co KG, dass es gelingen kann – nicht zuletzt, da sich derzeit auch die sozialen Normen in Richtung pflanzenbasierte Ernährung verschieben. Rohprodukte und Rezepturen sind nicht alles: Damit die Ernährungswende in Küchen gelingen kann, sind Umstellungen von Betriebsabläufen, Wertschöpfungsketten und bisherigen Gewohnheiten nötig. Wie man hierbei möglichst viele Kolleg*innen mitnimmt und motiviert, beschrieb Gianni Liscia, Liscia Consulting GmbH, in seinem Vortrag Story Changing® – Veränderungen greifbar machen.
Axel Dröge, Hilcona AG, und Florian Lincke, Verpflegungsleiter der Diakonie Michaelshoven Cena GmbH, sind beide im Vorstand der GEK. Gemeinsam stellten Sie das Konzept RAL Gütezeichen Qualitätsprodukt Gemeinschaftsgastronomie vor. Da nicht zuletzt aufgrund des Fachkräftemangels Großverbraucher vermehrt auf Convenience-Produkte setzen, soll das Gütezeichen hier den Weg zu qualitativ hochwertigen Produkten zeigen. Der Entwurf für das RAL Gütezeichen lag u. a. DGE, VDD, VDOE, Berufsverband Hauswirtschaft, Deutscher Bauernverband, Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure, VKD, FH Münster, VZ NRW, PAN international zur Stellungnahme vor. Derzeit laufen die Anerkennung durch Wettbewerbszentrale und Kartellamt und die Anmeldung als Unionsgewährleistungsmarke.
Neue Bestimmungen für die GV, gute Absichten und auch Qualitätsstandards nützen nichts, wenn diese aufgrund struktureller Probleme wie Fachkräftemangel und langer Transportwege oder gar fehlender Lieferanten nicht umgesetzt werden können. Vor diesen Herausforderungen stehen vor allem Kita- und Schul-Caterer in ländlichen Regionen. Dr. Stephan Lück vom Bayerischen Kompetenzzentrum für Ernährung (Kern) stellte aus diesem Grund unterstützende Handlungsempfehlungen für die Kita- und Schulverpflegung vor. Die Materialien sind online verfügbar.
Fachkräftemangel betrifft auch die Führungskräftequalifikation in Betrieben. Mathias Turowski, Bildungsgangsleiter der Fachschule für Ernährungsund Versorgungsmanagement HGS Rheinland, möchte Betriebe motivieren, ihre Mitarbeiter zu zukünftigen Führungskräften weiterzuentwickeln und beschrieb die berufsbegleitende Weiterbildung.
Inwieweit personalisierte Ernährung (PE) relevant für die GV ist, erläuterte Prof. Dr. Katja Lotz von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in ihrem online zugeschalteten Beitrag. Die Bedeutung der PE wird zwar in vielen Befragungen als hoch eingeschätzt, die Datenlage und Validität bisheriger Konzepte ist allerdings noch eher „dünn“. In der GV könnten sich PE-Ansätze am ehesten über KI-gestütztes, individualisiertes Nudging (welche Produkte des Angebots werden ausgewählt) umsetzen lassen.
Der Themenmix des RAL GEK Symposiums zeigte auch in diesem Jahr, wie vielfältig Gemeinschaftsverpflegung im Alltag ist. Unter der Moderation von Michael Möhring, ErfaFoodService, konnten sich die Teilnehmer*innen untereinander austauschen und über eigene Erfahrungen und Herausforderungen berichten.
Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 11/2024 auf Seite M624.