Ernährungspolitik: Ernährungsstrategie der Bundesregierung

Das Bundeskabinett hat am 17.01.2024 die von Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir unter dem Titel „Gutes Essen für Deutschland“ vorgelegte Ernährungsstrategie der Bundesregierung beschlossen [1].

Die Regierungsparteien hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, eine solche Strategie mit besonderem Fokus auf Kinder und Jugendliche zu erarbeiten. Auf der Website des BMEL ist der Workflow dokumentiert [1]. Eine (knapp gehaltene) FAQ-Seite [2] ordnet die Strategie in den derzeitigen politischen Rahmen ein (z. B. Zuständigkeiten von Bund u. Ländern und Europäischer Union, Bezug auf DGE-Empfehlungen, Bürgerrat „Ernährung im Wandel“ [s. o.]).
Die Strategie formuliert sechs Ziele. Neben der Verbesserung der Gemeinschaftsverpflegung, der Reduzierung der Lebensmittelverschwendung und der Stärkung einer pflanzenbetonten Ernährung sind dies der sozial gerechte Zugang zu gesunder und nachhaltiger Ernährung, die Unterstützung einer angemessenen Nährstoff- und Energieversorgung und Bewegung sowie die Erhöhung des Angebots nachhaltig und ökologisch produzierter Lebensmittel [3].
Das Echo der verschiedenen Interessenvertretungen und NGOs fällt unterschiedlich aus: So schätzt der World Wide Fund For Nature (WWF) das Strategiepapier als zu unverbindlich und unambitioniert ein [4]. Ähnlich kritisiert Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes: „Ob die Ernährungswende mit den beschriebenen Aktivitäten erreicht werden kann, ist fraglich“ [5].
Der Deutsche Bauernverband sieht gute Ansätze, lehnt aber eine „Diskriminierung bestimmter Lebensmittel“ (gemeint ist Fleisch) ab und befürwortet eine durchgängige Haltungs- und Herkunftskennzeichnung bei tierischen Erzeugnissen [6].

Kommentar der Redaktion:
(umk) Eine Strategie ist wichtig, um die nächsten Schritte des eigenen und gemeinsamen Handelns auszurichten. Dass in der vorgestellten Strategie schnell umsetzbare Maßnahmen (z. B. Steuersätze) fehlen, der Gesamtzeitrahmen eher bis „in der ferneren Zukunft“ (2050, also in mehr als 5 Legislaturperioden!) gesetzt wurde, ist wohl der wirr verknoteten Interessenlage der am „Ernährungssystem“ Beteiligten geschuldet – kann also ein Zeichen politischen Realitätssinns sein, aber auch ein Zeichen für fehlenden Mut und Einsicht der Beteiligten. Messbare Zwischenziele sind nötig, um zu prüfen, ob man noch auf dem richtigen Weg ist.

Literatur
1. BMEL: Gutes Essen für Deutschland – Ernährungsstrategie der Bundesregierung. www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/ernaehrungsstrategie.html  (last accessed on 19 January 2024).
2. BMEL: Fragen und Antworten „Gutes Essen für Deutschland – Die Ernährungsstrategie der Bundesregierung“. www.bmel.de/SharedDocs/FAQs/DE/faq-ernaehrungsstrategie/FAQList.html  (last accessed on 19 January 2024).
3. BMEL: Kabinett verabschiedet Ernährungsstrategie der Bundesregierung. www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/005-ernaehrungsstrategie.html  (last accessed on 19 January 2024).
4. WWF: Unverbindlich, zögerlich, Ernährungsstrategie. www.wwf.de/2024/januar/unverbindlich-zoegerlich-ernaehrungsstrategie  (last accessed on 19 January 2024).
5. AOK: Statement. Reimann: Ernährungsstrategie verfolgt gute Ansätze, bleibt aber zu schwammig. www.aok.de/pp/bv/statement/2024/schwammige-ernaehrungsstrategie/  (last accessed on 19 January 2024).
6. Deutscher Bauernverband: Ernährungsstrategie für mehr Bildung und Transparenz. www.bauernverband.de/topartikel/ernaehrungsstrategie-fuer-mehr-bildung-und-transparenz. (last accessed on 19 January 2024).



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 2/2024 auf Seite M61.

Das könnte Sie interessieren
Änderungen bei Kennzeichnung und Zusammensetzung für Honig & Co. weiter
Nachhaltige Gemeinschaftsverpflegung – Herausforderungen und Erfolgsfaktoren weiter
Immer häufiger Cannabinoide in Süßwaren weiter
Ernährungspyramide aktualisiert weiter
Supermärkte und Discounter fördern ungesunde Essgewohnheiten weiter
Kompetenzzentrum für Ernährung & Therapie eröffnet weiter