Protein-Lebensmittel: foodwatch kritisiert Hype um Protein-Lebensmittel

Der Markt für Protein-Lebensmittel wächst. Vor allem in den sozialen Medien werden die hochverarbeiteten Protein-Produkte stark beworben. Das Marktforschungsunternehmen Nielsen IQ hat für das Magazin Spiegel ermittelt, dass Verbraucher*innen in Deutschland mehr als eine Mrd. Euro pro Jahr für Proteinprodukte ausgeben – fast 50 % mehr als noch vor zwei Jahren.

Damit Hersteller ihre Produkte bewerben können, setzen sie meist weitere Proteine zu. Bei Milchprodukten in der Regel Molkeneiweiß – eigentlich ein Abfallprodukt, das bei der Käseherstellung anfällt und auch in Tierfutter verarbeitet wird. Den günstigen Rohstoff ließen sich die Hersteller von Protein-Produkten teuer bezahlen, kritisierte Laura Knauf von foodwatch. Denn Lebensmittel, die als spezielle Protein-Produkte vermarktet werden, sind oft bis zu dreimal teurer als herkömmliche Vergleichsprodukte. Das zeigt ein Marktcheck von foodwatch. Dabei sei das zugesetzte Protein unnötig, denn selbst Sportler*innen könnten ihren erhöhten Proteinbedarf durch eine ausgewogene Ernährung decken. foodwatch kritisiert, dass auch ungesunde und hochverarbeitete Produkte zusätzlich mit Protein angereichert werden und so suggerieren, gesund zu sein.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Erwachsenen eine tägliche Proteinzufuhr von 0,8 g/kg Körpergewicht. Diese Menge kann in der Regel über eine abwechslungsreiche Ernährung erreicht werden, etwa mit Hülsenfrüchten, Nüssen, Fisch und auch Fleisch und Milchprodukten. Selbst Menschen, die mehrmals die Woche Sport treiben, können laut DGE ihren erhöhten Proteinbedarf decken, ohne auf mit Protein angereichte Lebensmittel zurückzugreifen. Die Nationale Verzehrsstudie II im Auftrag des Bundesernährungsministeriums hat in der Vergangenheit zudem gezeigt, dass Menschen in Deutschland eher zu viel Protein konsumieren.
Auch Prof. Dr. Ingo Froböse, Sportwissenschaftler der Deutschen Sporthochschule Köln, sieht mit Protein angereicherte Lebensmittel kritisch: „Der Proteinbedarf von Hobby- und Ausdauersportler* innen liegt bei rund 1 bis 1,2 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht, bei Kraftsportler* innen bei rund 2 Gramm. Ein breites Spektrum natürlicher Lebensmittel ganz ohne Zusatzstoffe ist die beste Wahl, um den körpereigenen Proteinbedarf zu decken! Um unsere Leistungsfähigkeit zu erhalten und zu verbessern, spielt die Qualität unserer Lebensmittel eine große Rolle: je natürlicher desto besser! Hülsenfrüchte etwa weisen einen Proteingehalt von fast 30 % auf und liefern außerdem wertvolle Kohlenhydrate, die für die Stimulation des Muskelaufbaus essenziell sind. Mit einer ausgewogenen Ernährung bieten wir unserem Organismus alles, was er braucht – im Training wie im Alltag.“

Quelle: foodwatch e. V., Pressemeldung vom 12.11.2023



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 2/2024 auf Seite M62.

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