Epigenetik: Ernährung werdender Väter entscheidet mit über die Gesundheit der Kinder

In der LIFE-Child-Studie unter der Leitung von Dr. Raffaele Teperino von der Forschungsgruppe „Umwelt-Epigenetik“ beim Helmholtz Zentrum München wurden Daten von mehr als 3000 Familien verwendet, um den Einfluss der väterlichen Ernährung und des Übergewichts vor dem Zeitpunkt der Zeugung auf die Gesundheit ihrer Kinder zu untersuchen [1]. Bislang wurde davon ausgegangen, dass Väter keinen Anteil an der genetischen Veranlagung der Mitochondrien ihrer Nachkommen haben. Neuere Forschungen wie die vorliegende Studie zeigen nun aber, dass Spermien bei der Befruchtung Bruchstücke von mt-RNA („mt-tsRNA“) in die Eizelle tragen.

mt-tsRNAs spielen eine zentrale Rolle bei der Epigenetik, nämlich bei der Regulation der Genexpression im frühen Embryo und haben somit Einfluss auf die Entwicklung und Gesundheit des Nachwuchses sowie die Aktivität bestimmter Gene. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass das Körpergewicht des Vaters das Gewicht der Kinder und ihre Anfälligkeit für Stoffwechselkrankheiten beeinflussen kann. Dieser Einfluss besteht unabhängig von anderen Faktoren wie dem Gewicht der Mutter, der elterlichen Genetik oder Umweltbedingungen.
Um die Ergebnisse zu vertiefen, führten die Forschenden verschiedene Experimente an Mäusen durch. Dazu wurden u. a. Eizellen im Reagenzglas mit Spermien von fettreich ernährten Mäusen befruchtet. Fettreiche Nahrung hat Auswirkungen auf die Geschlechtsorgane der Tiere, auch auf die Nebenhoden. Der Nebenhoden ist der Bereich, in dem kürzlich gebildete Spermien heranreifen. In frühen Embryonen fanden die Forschenden RNA-Moleküle dieser Spermien, die die Genexpression und Stoffwechselgesundheit der Nachkommen beeinflussen können. „Unsere Studie zeigt, dass Spermien, die im Nebenhoden der Mäuse einer Hochfettdiät ausgesetzt sind, zu Nachkommen mit erhöhter Neigung zu Stoffwechselerkrankungen führen“, sagt Teperino. Die Hypothese, dass im Laufe des Lebens erworbene Eigenschaften wie Diabetes oder Adipositas über Generationen mittels epigenetischer Mechanismen weitergegeben werden, wird durch diese Studie bestärkt. Allerdings ist noch weitere Forschung notwendig, um zu untermauern, dass nicht genetische, väterliche Bestandteile an den Nachwuchs weitergegeben werden. Die Epigenetik dient hierbei als molekulare Schnittstelle zwischen Umwelt und Genom, auch über Generationengrenzen hinweg. Dies geschieht, wie die Forschungsergebnisse zeigen, sehr wahrscheinlich nicht nur über die mütterliche, sondern auch über die väterliche Linie. Väter können einen wichtigen, wenn auch indirekten Einfluss auf die genetische Prägung der Mitochondrien und damit auf den Energiestoffwechsel ihrer Kinder haben. Daher sei auch die Gesundheitsvorsorge für Männer mit Kinderwunsch wichtig. Insbesondere eine gesunde Ernährung kann das Risiko von Erkrankungen wie Adipositas und Diabetes bei Kindern verringern.

Literatur
1. Tomar A, Gomez-Velazquez M, Gerlini R, et al.: Epigenetic inheritance of diet-induced and spermborne mitochondrial RNAs. Nature 2024; 630: 720–7.

Quelle: Helmholtz Zentrum München, Pressemeldung vom 05.06.2024



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 8/2024 auf Seite M430.

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