Lebensmittelherstellung: Pflanzliche Nebenprodukte für den Einsatz in Speiseeis

Rund 8 L Speiseeis konsumieren die Deutschen pro Kopf im Jahr. Pro 100 g enthält es durchschnittlich 20–30 g Zucker. Da das Eis süß und fruchtig schmecken, cremig sein und ein wohliges Mundgefühl erzeugen soll, scheitert der Ersatz des Zuckers häufig an der Akzeptanz der Konsumierenden.

LebensmitteltechnologInnen und -chemikerInnen der TU Berlin und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) wollen aus faserreichen Nebenprodukten der Lebensmittelherstellung Ballaststoffe gewinnen, mit denen Zucker in Speiseeis wohlschmeckend ersetzt werden kann. Gleichzeitig trägt das Verfahren zur Vermeidung von Abfällen bei der Herstellung von Lebensmitteln bei.
Die unlöslichen Fasermaterialien von Erbsenschalen, Karottenfasern und Fruchtresten aus der Saftherstellung wie Zellulose, Hemizellulosen und Pektin enthalten komplexe Kohlenhydrate. Die WissenschaftlerInnen wollen diese Bestandteile durch Enzymbehandlung und mechanischer Hochdruckbehandlung kontrolliert zu Oligosacchariden umbauen, wodurch sich deren funktionelle Eigenschaften verändern. „Es ist bereits bekannt, dass derartige Materialien über eine verbesserte Wasserbindung die Struktur und das Mundgefühl verschiedener Lebensmittel positiv beeinflussen können und auf diese Weise eine Reduktion von Zucker ermöglichen“, so Prof. Dr. Stephan Drusch, TU Berlin. „Aus ernährungsphysiologischer Sicht gelten sie wegen ihrer präbiotischen Wirkung aber immer noch als Ballaststoffe.“
Jedes Fasermaterial besitzt entsprechend seiner botanischen Herkunft ein unterschiedliches Kohlenhydratprofil. So muss der Prozess der Herstellung der Oligosaccharide spezifisch angepasst werden. Ziel der Arbeitsgruppe von Stephan Drusch ist es, durch das systematische Verständnis für diesen Prozess einen weiten Bereich pflanzlicher Nebenprodukte für den Einsatz in Speiseeis nutzbar zu machen.
Durch die heterogene Zusammensetzung der Fasermaterialien entstehen laut WissenschaftlerInnen sehr unterschiedliche Oligosaccharide mit einer breiten präbiotischen Wirksamkeit. Diese genauer zu charakterisieren, obliegt der lebensmittelchemischen Expertise der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Mirko Bunzel am KIT. „Das Nutzbarmachen bestehender Nebenprodukte der Lebensmittelindustrie trägt so zur Vermeidung von Abfällen bei der Lebensmittelherstellung bei. Und das Eis kann gesünder werden, wenn Zucker reduziert und durch Ballaststoffe ersetzt wird.“

Quelle: TU Berlin, Pressemeldung vom 20.07.2022



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 9/2022 auf Seite M471.

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