Lebensmittelallergie: Auch gekochte Karotten können allergische Reaktionen auslösen

Der Verzehr roher Karotten löst bei einigen Menschen Allergien aus. Entgegen einer weit verbreiteten Auffassung können aber auch gekochte Karotten diesen Effekt haben. Dies hat ein Forschungsteam der Universität Bayreuth herausgefunden. Zwar nimmt das Allergen der Karotte, Dau c 1 genannt, im hocherhitzten Zustand eine für AllergikerInnen ungefährliche Struktur an. Doch sobald die Temperatur sinkt, kehrt es weitgehend in seine natürliche Struktur zurück [1].

Ein Teller mit Karottengemüse. © margouillatphotos/iStock/Getty Images Plus
Nicht nur der Verzehr roher Karotten, sondern auch gekochte Karotten und beigemischtes Karottenextrakt können bei einigen Menschen Allergien auslösen. © margouillatphotos/iStock/Getty Images Plus

„Die Ergebnisse unserer Untersuchungen sprechen eindeutig dafür, dass Patienten, die sensibel auf das Allergen der Karotte reagieren, generell auf den Verzehr von Karotten verzichten sollten. Das Erhitzen der Karotten zerstört nicht oder nur unvollständig die Proteinstrukturen, die allergische Reaktionen verursachen können“, sagt Prof. Dr. Birgitta Wöhrl vom Lehrstuhl Biochemie IV der Universität Bayreuth. „Die Gefahr, dass Allergie-Patienten eine allergische Reaktion entwickeln, ist nicht nur beim Verzehr von frisch gekochten Karotten oder von Karotten aus der Konservenbüchse gegeben. Sie besteht auch dann, wenn Nahrungsmitteln Karottenextrakt beigemischt wird“, ergänzt Thessa Jacob M.Sc., Erstautorin der Studie und Doktorandin am Lehrstuhl Biochemie IV.

Das natürliche Karottenallergen Dau c 1 ist eigentlich eine Mischung aus mehreren, strukturell sehr ähnlichen Proteinen. Diese sog. Isoallergene wurden im Labor einzeln in Bakterien hergestellt. Sowohl das Proteingemisch des natürlichen Dau c 1 als auch die einzelnen Isoallergene wurden bei Temperaturen bis maximal 95 °C daraufhin untersucht, wie sich ihre Strukturen bei steigenden und fallenden Temperaturen ändern. Dabei zeigte sich, dass die natürliche Mischung und fast alle einzelnen Isoallergene nach einer Abkühlung auf 25 °C erneut in der Lage sind, Allergien zu verursachen. Trotz der vorausgegangenen Erhitzung können die im Organismus von Allergie-PatientInnen vorhandenen Antikörper allergische Reaktionen hervorrufen. Zwar ist diese Fähigkeit in einigen Fällen schwächer ausgeprägt als vor der Erhitzung, aber grundsätzlich bleibt sie erhalten.

Die Tests zeigten deutlich, dass die strukturelle Stabilität des Karottenallergens nicht allein von der Höhe der Temperatur abhängt. Wichtig ist ebenso der Säuregrad. Bei einem pHWert von 3 (typischerweise im Magen nach der Nahrungsaufnahme) und normaler Raumtemperatur können zumindest einige Epitope1 trotz des vorherigen Erhitzens weiter existieren.

1 Epitope sind diejenigen molekularen Teilstrukturen, an denen das Immunsystem von Allergie-PatientInnen das jeweilige Allergen erkennt, sodass eine allergische Reaktion erfolgt.

Literatur:
1. Jacob T et al.: Food processing does not abolish the allergenicity of the carrot allergen Dau c 1: influence of pH, temperature, and the food matrix. Molecular Nutrition & Food Research (2020); doi.org/10.1002/mnfr.202000334.

Quelle: Universität Bayreuth, Pressemeldung vom 21.09.2020



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 10/2020 auf Seite M572.

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