Mikrobiom: Bakterien prägen das kindliche Immunsystem im Darm

Die mikrobielle Erstbesiedlung des Darms beeinflusst nach der Geburt besondere Eigenschaften der darmassoziierten Lymphknoten. Die zugrunde liegenden Mechanismen haben ForscherInnen des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und des Würzburger HZI-Standortes Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) in einer aktuellen Publikation gezeigt [1].

In den ersten Tagen nach der Geburt beginnt die Besiedlung des Darms mit Mikroben. Diese beeinflussen im Darm sitzende Gerüstzellen der darmassoziierten Lymphknoten und prägen diese dabei lebenslang. Die hierbei erhaltenen Informationen über ihren „Normalzustand“ werden an kontinuierlich wandernde Zellen des Immunsystems weitergegeben. Die Mikrobengemeinschaft im Darm rüstet sozusagen die Gerüstzellen als Schaltzentralen aus, die wiederum wichtige Informationen zur Abwehr an andere Immunzellen weiterverteilen.

Bisher wurde dieser Zelltyp in seiner Bedeutung wenig beforscht. Immer mehr Studien zeigen jedoch, dass diese Zellen für die Modulation von hochspezialisierten Immunantworten sehr bedeutsam sind. Die WissenschaftlerInnen des HZI und HIRI konnten mit der Single-Cell-Methode auf Transkriptom-Ebene nachweisen, dass die im Darm lebende Mikrobengemeinschaft die Gerüstzellen des Lymphknotens für diese wichtige Aufgabe lebenslang prägt.

Die Informationsvermittlung der Gerüstzellen erfolgt u. a. an sog. regulatorische T-Zellen (Tregs). Diese bringen anderen Immunzellen bei, welche Fremdkörper zu bekämpfen sind und von welchen keine Gefahr ausgeht. Dabei vermitteln Tregs den Immunzellen eine tolerante Haltung gegen Fremdkörper, wie Bestandteile bestimmter Nahrungsmittel, Pollen, Tierhaare sowie ungefährlicher Mikroorganismen. Das Immunsystem wird somit trainiert, nicht auf ungefährliche Fremdkörper zu reagieren. Würde dieses System nicht funktionieren, könnten Allergien und Autoimmunerkrankungen ungehindert zunehmen. Im Mausmodell konnten die WissenschaftlerInnen darstellen, wie Tregs mit ihren tolerogenen Eigenschaften in den darmassoziierten Lymphknoten ausgestattet werden. Dies war bisher noch nicht detailliert erforscht.

Die Ergebnisse zeigen, dass ein Kontakt zu einer normalen mikrobiellen Besiedelung in der frühkindlichen Phase sehr wichtig für die Entwicklung eines gesunden Immunsystems ist. Zukünftige Forschungsarbeiten könnten zeigen, wie sich die lebenslangen Eigenschaften von Lymphknoten durch verschiedene frühkindliche Einflüsse, wie ein keimarmes Umfeld durch Antibiotika, Infektionskrankheiten oder ein zu steriles Aufwachsen, verändern.

Literatur: 1. Pezoldt J. et al (2018) Neonatally imprinted stromal cell subsets induce tolerogenic dendritic cells in mesenteric lymph nodes. Nature Communications [DOI: 10.1038/s41467-018-06423-7]

Quelle: Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI), Pressemeldung vom 04.10.2018



Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 11/18 auf Seite M598.

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