Planetary Health Diet: Weniger Fleisch für eine treibhausgasneutrale Landwirtschaft

Stellen wir die Ernährung in Deutschland so um, dass sie für die Menschen und den Planeten gesund ist, würden nur noch 56 % der heute genutzten Ackerfläche und 45 % der Grünlandfläche benötigt. Gleichzeitig könnten rund drei Viertel der klimaschädlichen Treibhausgase eingespart werden, die heute durch die Landwirtschaft entstehen. Die dadurch verfügbar werdenden Acker- und Grünlandflächen könnten zum Anbau von pflanzlichen Lebensmitteln für den Export genutzt werden und so weitere 70 Mio. Menschen versorgen. Alternativ können auf diesen Flächen Wälder gepflanzt werden – so entsteht eine Kohlenstoffsenke, die der Atmosphäre rund 20 Mio. t Treibhausgase entzieht. Dies zeigen die Ergebnisse der Anfang September veröffentlichten Studie [1] des Öko-Instituts im Auftrag von Greenpeace.

Die Studie des Öko-Instituts legt für die Berechnungen die Planetary Health Diet der EAT Lancet-Kommission zugrunde, die 2019 die Grundlagen für eine nachhaltige und gesunde Ernährung für eine wachsende Weltbevölkerung beschrieben hat. Danach konsumieren wir nur noch ein Viertel der heute verzehrten tierischen Produkte und doppelt so viel Obst, Gemüse, Nüsse und Hülsenfrüchte wie heute. Gleichzeitig werden Lebensmittel nach ökologischen Standards angebaut. Die Ergebnisse zeigen, dass sich mit einer Planetary Health Diet die Nachfrage nach Produkten und damit die landwirtschaftliche Produktion stark ändern würde. Da deutlich weniger tierische Produkte nachgefragt würden, verringerte sich der heutige Tierbestand drastisch. Die Nachfrage nach pflanzlichen Produkten dagegen stiege stark an, dafür müssten weiterhin Produkte wie Nüsse, Oliven und Öle aus dem Ausland importiert werden.
Insgesamt könnten durch eine fleisch- und milchreduzierte Ernährung bis zu 4,6 Mio. ha Ackerfläche und 1,6 Mio. ha Grünland für andere Nutzungen zur Verfügung stehen. Das entspricht rund 40 % der heutigen landwirtschaftlichen Fläche. Die Emissionen aus der Landwirtschaft und der landwirtschaftlichen Nutzung von Moorstandorten liegen heute bei rund 95 Mio. t CO2-Äquivalenten (Mio. t CO2e): Allein für die Ernährung werden 81 Mio. t CO2e ausgestoßen; mehr als 80 % davon stammen aus der Tierhaltung. Mit einer nachhaltigen Ernährung gemäß der Planetary Health Diet könnte der Klimafußabdruck der Landwirtschaft in Deutschland auf 23 Mio. t CO2e sinken.
Der größte Beitrag zur Senkung der Treibhausgasemissionen stammt dabei aus der großflächigen Wiedervernässung der Moore. Werden 80 % der Moorfläche wiedervernässt, sinken die Emissionen um 31 Mio. t CO2e auf ca. 50 Mio. t CO2e. Die weitere Minderung auf 23 Mio. t CO2e ist auf die Tierhaltung zurückzuführen. Durch eine Aufforstung der frei gewordenen Fläche kann mit dem Wald eine neue Kohlenstoffsenke in Höhe von ca. 20,4 Mio. t CO2 innerhalb der nächsten 23 Jahre entstehen. Damit könnten die Emissionen aus der Landwirtschaft fast komplett kompensiert werden und die Landwirtschaft könnte auf der eigenen Fläche einen großen Beitrag zur Treibhausgasneutralität leisten. Alternativ könnte die frei gewordene Fläche für die Ernährung zusätzlicher Menschen genutzt werden. Dadurch würden die Emissionen wieder auf 33 Mio. t CO2e ansteigen.
„Kohlenstoffspeicher oder Export von Lebensmitteln – in unserer Studie zeigen wir zwei Optionen für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft auf“, schlussfolgert Kirsten Wiegmann, Co-Autorin der Studie am Öko-Institut. „Welchen Weg wir einschlagen, ist eine gesellschaftliche Entscheidung, die von der Politik getroffen werden muss. Zunächst jedoch muss es uns gelingen, unsere Ernährung entsprechend umzustellen.“

Literatur
1. Öko-Institut: Gesundes Essen fürs Klima. Auswirkungen der Umsetzung der Planetary Health Diet auf den Landwirtschaftssektor. Öko-Institut im Auftrag von Greenpeace. September 2022. www.oeko.de/fileadmin/oekodoc/Planetary_Health_Diet_-Landwirtschaft.pdf  (last accessed on 16 September 2022).

Quelle: Öko-Institut e. V., Pressemeldung vom 06.09.2022

Mehrere Beiträge zum Thema Planetary Health Diet finden Sie in ERNÄHRUNGS UMSCHAU Heft 5/2022 und im Themenspecial Heft 7/2019.



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 11/2022 auf den Seiten M588 bis M589.

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