Der Traum vom guten und langen Leben

Ein turbulentes, verunsicherndes Jahr liegt hinter uns, in dem uns nicht nur der Brexit an der Vernunft der Menschen und ihres Führungspersonals zweifeln lässt. Die 2016er „ismen“ – vom AfDismus, Erdoganismus und islamischem Fundamentalismus über den Putinismus bis zum Trumpismus – werden uns auch 2017 treue Wegbegleiter sein, zu Veränderungen, neuen Irritationen und Ängsten in einer unsicheren Welt und zu gewaltigen neuen Aufgaben mit unbekanntem Ausgang führen.

Soviel zur wenig Optimismus verheißenden internationalen Großwetterlage. Beim Rückblick auf das vergangene Jahrhundert fallen uns oft zuerst die geführten Kriege und das damit verbundene unendliche Leid der Menschen ein. Es gab aber auch Lichtblicke und einen in der Menschheitsgeschichte einmaligen Vorgang: Der alte Menschheitstraum vom guten und langen Leben, vom Leben wie im Schlaraffenland und Freisein von harter körperlicher Arbeit, ist für viele Zeitgenossen im 20. Jahrhundert wahr geworden. Und das Leben im Alter wird immer lebenswerter: Nachweislich verbringen wir über 97 % unserer Lebenszeit ohne Pflegebedarf. Gute Statistiken lügen nicht und zeigen, dass sich in nur 100 Jahren die durchschnittliche Lebenserwartung von ca. 40 Jahren um 1900 inzwischen auf ca. 80 Jahre erhöht hat und dass die Lebenserwartung alle 4–5 Jahre um ein weiteres Jahr ansteigt. Dank dieser Erfolgskurve haben unsere im vergangenen Jahr geborenen Kinder, Enkel- und Urenkelkinder große Chancen, die nächste Jahrhundertwende bei wahrscheinlich guter Gesundheit zu erleben, vielleicht sogar als Centenarian im eigenen Haushalt. Langlebigkeit und Viergenerationenfamilien werden bereits jetzt als ein Teil der Normalität empfunden.

Veränderte Lebens- und Ernährungsbedingungen, gesündere Arbeitsplatz- und Umweltbedingungen sowie medizinischer Fortschritt waren und sind Treibkräfte dieser positiven Entwicklung, sie ermöglichen uns länger und beschwerdefrei zu leben. Der demografische Wandel – von Pessimisten vorschnell als Überalterung der Gesellschaft diskreditiert, ist dieser in Wahrheit ja ein Problem der „Unterjüngung“ – führt bereits jetzt zu grundlegenden Veränderungen der emotionalen Beziehungen zwischen Enkeln, Kindern, Eltern und Großeltern. Nicht selten sind Generationenbeziehungen wertvoller und stabiler als Partnerbeziehungen, nicht nur, wenn Großeltern sich um ihre Enkel oder Urenkel kümmern. Oft ist dies mit einer echten Win-win-Situation verbunden: Ältere Menschen, die gefragt und gefordert werden, sind oft gesünder als dies mithilfe des Arztes oder Apothekers möglich ist und behalten das die Lebensqualität steigernde wertvolle Gefühl, gebraucht zu werden. Gleichzeitig werden Eltern in jeder Hinsicht entlastet, wissen sie doch den Nachwuchs gut aufgehoben.

Besonders in unsicheren Zeiten sehnen sich Menschen nach Familie und Freundschaft, nach sozialer Geborgenheit und Verlässlichkeit, nach einem gemeinsamen, festen Dach über dem Kopf und nach der besonderen Sicherheit, die uns Rituale bieten. Gerade generationenübergreifende weihnachtliche Traditionen bieten vielerlei Gelegenheit, die emotionale Verbundenheit innerhalb der (Patchwork-)Familie oder eines anderen engen sozialen Netzwerkes zu stärken. Bei einem gemeinsamen Festessen bei Kerzenlicht, vielleicht mit einem Glas guten Wein, lassen sich die vielen „ismen“ vorübergehend vergessen.

In diesem Sinne wünschen Ihnen Herausgeber, Verlag und Redaktion der Ernährungs Umschau frohe, gemeinsame Festtage und einen guten Start sowie Gesundheit, Erfolg und Zufriedenheit im Neuen Jahr!

Ihr Helmut Heseker



Das Editorial finden Sie auch in Ernährungs Umschau 12/16 auf Seite M677.

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