Lebensmittelkennzeichnung: „Ohne Zuckerzusatz“ heißt nicht „ohne Zucker“

Laut Ernährungsreport 2020 achten 56 % der Befragten beim Einkauf auf Zucker. Außerdem wünschen sich 86 %, dass die Hersteller Fertigprodukten weniger Zucker zusetzen. Doch noch immer verzehren die Menschen in Deutschland im Durchschnitt täglich fast doppelt so viel Zucker wie maximal von Fachgesellschaften empfohlen.

„Häufig enthalten vermeintlich zuckerärmere Lebensmittel viel Zucker“, erklärt Wiebke Franz von der Verbraucherzentrale Hessen. „Zum einen steckt Zucker als billige Zutat in fast allen Fertigprodukten und ist nicht immer leicht erkennbar. Denn er kann sich in der Zutatenliste hinter weniger bekannten Namen wie Glukosesirup oder Dextrose verbergen. Zum anderen verwenden die Hersteller Werbeaussagen zur Kennzeichnung vermeintlich zuckerärmerer Produkte, deren Definition Verbraucherinnen und Verbraucher oft nicht kennen oder nicht nachvollziehen können“, sagt Franz.

Bewerben die Hersteller z. B. ein Produkt mit der Aussage „ohne Zuckerzusatz“ dürfen sie keine Einfach- und Zweifachzucker wie Trauben- und Haushaltszucker und keine Lebensmittel mit süßender Wirkung wie Honig verwenden. Sie dürfen jedoch andere Zutaten einsetzen, die natürlicherweise viel Zucker liefern, Trockenfrüchte im Müsli z. B. oder Milchpulver im Fertig-Cappuccino.

„Auch die Kennzeichnung von Süßungsmitteln ist eher verwirrend“, meint Franz. Zu den Süßungsmitteln zählen nämlich nur Zuckeraustauschstoffe wie Sorbit und Süßstoffe wie Saccharin. Trägt ein Produkt die Kennzeichnung „Ohne Süßungsmittel“ kann es daher trotzdem Zucker, Sirup und ähnliches enthalten.

Steht auf einem Produkt „Light“ oder „…reduziert“ gehen VerbraucherInnen oft davon aus, dass dieses Lebensmittel wegen des geringeren Zuckergehalts auch energieärmer ist. Das kann, muss aber nicht zutreffen. Lediglich der Zuckergehalt muss mindestens 30 % niedriger sein als bei vergleichbaren Produkten. Der Energiegehalt darf gleich sein.

Der Blick in die Nährwerttabelle nennt den tatsächlichen Zuckergehalt. Sie liefert aber keine Antwort auf die Frage, ob das viel oder wenig ist. Das leistet wiederum eine leicht verständliche bewertende Nährwertkennzeichnung wie der Nutri-Score. Dabei handelt es sich allerdings um eine Kennzeichnung, die keine Nährstoffe einzeln darstellt. Die VZ Hessen rät daher, den Zuckergehalt in möglichst vielen Lebensmitteln und Speisen selbst zu regulieren, bspw. indem man Naturjogurt öfter selbst mit frischem Obst mischt oder beim Kuchenbacken den Zucker reduziert.

Quelle: Verbraucherzentrale Hessen, Pressemeldung vom 02.07.2020



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 12/2020 auf Seite M694.

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