Wege zur Ernährungsdemokratie: 2. Vernetzungskongress der Ernährungsräte
- 15.01.2019
- Print-News
- Stella Glogowski
Politischer Wille
Bereits durch ihre Anwesenheit machten Priska Hinz, hessische Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, und die Schirmherrin des Frankfurter Ernährungsrats Rosemarie Heilig, Frankfurter Dezernentin für Umwelt und Frauen, deutlich: Ihnen ist die nachhaltige Versorgung von Städten wichtig und sie erachten hierfür die Vernetzung von Politik mit zivilgesellschaftlichen Initiativen als zentral. „Es hängt an den Personen“, so Heilig.
Vielfalt der Ernährungsräte
Der Kongress zeigte das weite Spektrum der Ernährungsräte: unterschiedliche Gründungsverläufe, Strukturen und Verwaltungsansätze. Von zivilgesellschaftlichen Räten, solchen mit Trägerverein bis hin zu Räten mit politischer Verankerung, Finanzierung und Personal ist allen die Priorität gemein, „organisch zu wachsen“ und sich mit bestehenden Initiativen zu vernetzen.
In Open Spaces konnte Jede/r Themen einbringen, bspw., wie man Unterstützung in der Kommunalpolitik und -verwaltung findet, geeignete Event-Formate, bio-regionale Schulverpflegung oder Zero Waste.
So vielfältig wie die Strukturen sind auch die Motive der Engagierten und ihre Themenfelder: essbare Stadt, solidarische Landwirtschaft oder Marktschwärmer1, Genusswochen, Erzeuger und Ernährungshandwerk mit Verpflegern zusammenbringen, Ernährungsbildung und vieles mehr.
„Connect, not Oppose“
Olivier de Schutter, Gründer und Vorsitzender des International Panel of Experts on Sustainable Food Systems (IPES-Food), hofft dass zivilgesellschaftliche Initiativen zum Mainstream werden um Entscheidungsmacht aufzubauen; eine Macht, die bisher dominant vom Handel ausgeübt wird. Sein Handlungs- und Haltungsratschlag: Ernährungsräte sollten sich mit dem bestehenden Lebensmittelsystem und demokratischen Institutionen verbinden, nicht in die Opposition gehen.
„Food, not Nutrition”
Den Weg zu 90 % Bio in den über 900 Küchen der Gemeinschaftsverpflegung in Kopenhagen – kostenneutral – stellte Kenneth Højgaard vom Copenhagen House of Food vor. Im Auftrag der Regierung engagiert sich die gemeinnützige Organisation für qualitativ hochwertiges, gesundheitsförderliches, nachhaltiges Essen (nicht Ernährung, so Højgaard) und eine lebensfrohe Esskultur. Dieser Ansatz verbesserte zudem die Mitarbeiterzufriedenheit, senkte die Raten von Mangelernährung und ist kostenneutral, u. a. durch den Verzicht auf Fertigprodukte.
Essen als Hebel
Angegliedert an die Gesundheitsbehörde wurde 1991 der Ernährungsrat in Toronto (Toronto Food Policy Council) gegründet, von dem Lori Stahlbrand berichtete. Die dortige Ernährungsstrategie ist personen-, nicht produktions- oder ernährungszentriert. Ziel ist eine gegen Klima- und demografischen Wandel widerstandsfähigere Stadt. Vielfältige Projekte vernetzen Toronto mit dem Land, vergrünen die Stadt, integrieren und bewegen Zugezogene, Jugendliche und Benachteiligte. Essen/Nahrung wird hier als Hebel genutzt, um möglichst viele Menschen und Effekte zu erreichen.
Fazit
Zum Ende des Vernetzungskongresses verabschiedeten die TeilnehmerInnen die „Frankfurter Erklärung“ mit Forderungen und Visionen, einzusehen unter:
-> www.ernaehrungsrat-frankfurt.de
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1 => Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) und Marktschwärmer haben wir in Ernährungs Umschau 4/2018 vorgestellt.
Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 1/2019 auf Seite M11.