Multimorbiditätsrisiko: Hochverarbeitete Lebensmittel erhöhen das Krankheitsrisiko

In einer multinationalen Studie mit 266 666 Teilnehmer*innen aus sieben europäischen Ländern haben Ernährungswissenschaftler*innen der Universität Wien in Zusammenarbeit mit der International Agency for Research on Cancer (IARC) herausgefunden, dass ein hoher Konsum von hochverarbeiteten Lebensmitteln (ultra-processed foods, UPFs) mit einem höheren Risiko für Multimorbidität von Krebs und kardiometabolischen Erkrankungen verbunden ist [1].UPFs sind industriell hergestellte Produkte, die modifizierte Lebensmittelbestandteile umfassen, die mit einer Vielzahl von Zusatzstoffen neu kombiniert werden.

Die vorliegende Studie basiert auf Daten der Studie European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC) und liefert zusätzlich Hinweise auf einen differenzierten Zusammenhang zwischen Untergruppen von UPFs und Multimorbidität. Insbesondere wurde ein Zusammenhang mit hochverarbeiteten tierischen Produkten sowie mit Süßstoff und mit Zucker gesüßten Softdrinks festgestellt. Andere Untergruppen wie hochverarbeitete Getreideprodukte oder pflanzliche Alternativprodukte zeigten keinen Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko. Dennoch fanden die Forscher*innen heraus, dass der Zusammenhang von hohem UPF-Konsum und dem Risiko von Multimorbidität für Männer und Frauen, Raucher*innen und Nichtraucher*innen sowie in unterschiedlichen europäischen Ländern gleichermaßen gültig ist.
Als Multimorbidität wird das Auftreten von zwei oder mehr chronischen Erkrankungen bei einer Person bezeichnet. Diese stellt in immer mehr Regionen der Welt ein wachsendes Gesundheitsproblem dar. Durch die neuen Erkenntnisse können präventive Strategien für die Verringerung des Risikos der Multimorbidität von Krebs und kardiometabolischen Erkrankungen durch Ernährungsempfehlungen, gesundheitspolitische Maßnahmen und Interventionen verbessert werden.
Besonders bei UPFs und anderen kritischen Lebensmitteln ist eine Kennzeichnung wichtig. Heinz Freisling, Mitautor und Studienleiter bei IARC, sagt: „Kritiker*innen der Klassifizierung von manchen Lebensmitteln als UPF meinen, dass die Definition unpraktisch sei und dass manche als UPF definierte Lebensmittel einen wichtigen Beitrag zur Nährstoffversorgung von bestimmten Bevölkerungsgruppen leisten (z. B. bei älteren Menschen). Unsere Studie unterstreicht, dass man nicht vollständig auf UPF verzichten muss, um einem etwaigen Multimorbiditätsrisiko entgegenzuwirken, sondern lediglich den Verzehr soweit möglich einschränken sollte.“

Literatur
1. Cordova R, Viallon V, Fontvieille E: Consumption of ultra-processed foods and risk of multimorbidity of cancer and cardiometabolic diseases: a multinational cohort study. Lancet Reg Health Eur 2023; 35.

Quelle: Universität Wien, Pressemeldung vom 14.11.2023

Tipp der Redaktion:
Zum Zusammenhang von stark verarbeiteten Lebensmitteln und ernährungsmitbedingten Erkrankungen ist aktuell das Kapitel 9 des 15. DGE-Ernährungsberichts als Vorveröffentlichung erschienen:
www.dge.de/wissenschaft/ernaehrungsberichte/15-dge-ernaehrungsbericht/ 



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 1/2024 auf den Seiten M11 bis M12.

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