Diabetes und Krebs: Diabetes erhöht das Risiko für Tumorkachexie und geringe Lebenserwartung

Bei der sog. Tumorkachexie kommt es aufgrund von Tumor- und Entzündungsprozessen zu Stoffwechselstörungen, die zu einem massiven Verlust von Muskel- und Fettgewebe führen, wodurch der Körper an Kraft verliert. Eine einfache Gewichtszunahme durch Ernährung ist nahezu unmöglich. Krebstherapien sind dadurch weniger effektiv, was den Krankheitsverlauf verschärft. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) weist darauf hin, dass Diabetes das Risiko für Tumorkachexie erhöht und fordert, dass bei der Behandlung von Krebspatient*innen mit Diabetes immer auch diabetologische Expertise eingebunden wird.

Obwohl rund 80 % der Menschen mit Krebs von Tumorkachexie betroffen sind, bleibt diese onkologische Begleiterscheinung oft unbeachtet und führt bei etwa jeder*m dritten Betroffenen zum Tod, so eine aktuelle Übersichtsarbeit [1]. Die Studie zeigt weiter, dass besonders Menschen mit Diabetes ein erhöhtes Erkrankungsrisiko tragen. So tritt bei Krebspatient*innen mit Diabetes Kachexie häufiger auf als bei Betroffenen ohne Diabetes. Außerdem verlieren diabetische Patient*innen im Durchschnitt mehr Gewicht, haben höhere Entzündungswerte und ein signifikant kürzeres Überleben. Das liegt laut DDG v. a. daran, dass bei Diabetes bereits ein gestörter Energiestoffwechsel vorliege, der die Tumorkachexie verstärkt. Insulinresistenz und entzündungsfördernde Prozesse würden den katabolen Zustand verschärfen. Gleichzeitig schränkt die erhöhte Belastung des Stoffwechsels die Fähigkeit des Körpers ein, Energieverluste auszugleichen. Dadurch ist das Risiko für schwere Verläufe und schlechtere Überlebenschancen bei Krebspatient*innen mit Diabetes besonders hoch.
Die Versorgung von Menschen mit Tumorkachexie erfordert laut DDG einen multimodalen Ansatz. Neben einer individuell angepassten Ernährungstherapie spielen entzündungshemmende Medikamente und appetitanregende Substanzen wie Ghrelin-Agonisten eine wichtige Rolle. Moderate körperliche Aktivität kann den Muskelabbau verlangsamen. „Die komplexen Wechselwirkungen zwischen Stoffwechsel, Entzündung, Tumorwachstum sowie dem erhöhten Bedarf an ernährungsmedizinischer Versorgung machen eine interdisziplinäre Betreuung aus der Onkologie, Ernährungsberatung und Diabetologie unverzichtbar“, so Prof. Dr. Stephan Herzig, Direktor des Instituts für Diabetes und Krebs am Helmholtz-Zentrum München. Die Studie zeigt außerdem mögliche molekularbiologische Ansätze auf. So könnte die gezielte Modulation des Energiestoffwechsels, bspw. durch Aktivierung des AMPK-Signalwegs (AMP-aktivierte Proteinkinase, Regulation des zellulären Energiestatus), helfen, den Abbau von Fett- und Muskelmasse zu verlangsamen. Bei Tiermodellen konnte dies bereits die Überlebenszeit verbessern und die Kachexiesymptome mindern.
Um die Überlebensrate zu verbessern ist eine frühzeitige Diagnostik und Therapie notwendig. Die DDG fordert daher, die Kachexie bei Menschen mit Krebs und Diabetes systematisch zu erkennen und zu überwachen. Regelmäßige Messungen des Gewichtsverlusts, der Körperzusammensetzung und der Entzündungswerte sollten zum Standard in der Krebsbehandlung gehören.

Literatur
1. Berriel Diaz M, Rohm M, Herzig S: Cancer cachexia: multilevel metabolic dysfunction. Nat Metab 2024.

Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), Pressemeldung vom 05.12.2024



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 1/2025 auf den Seiten M10 bis M11.

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