Immunsystem: Anti-virale Abwehr reguliert Darmfunktion und Gesundheit

Der Verdauungstrakt ist neben der Haut am stärksten Umwelteinflüssen wie Bakterien und Viren ausgesetzt. Deswegen haben Zellen, die diese Barrieren zum Körperinneren bilden, besondere Abwehrmechanismen. Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Thorsten Hoppe am Exzellenzcluster für Alternsforschung CECAD der Universität zu Köln hat gezeigt, dass die als Abwehrmechanismus bekannte RNA-Interferenz (RNAi) außerdem eine Fehl- und Überproduktion körpereigener Proteine in Darmzellen verhindert [1].

RNAi erkennt die RNA von Viren, bindet diese und baut sie ab, was die Produktion viraler Proteine unterbindet. Mithilfe von grün leuchtenden Proteinen und weiteren Analysen im Fadenwurm Caenorhabditis elegans konnte das Kölner Forschungsteam zeigen, dass RNAi auch bei der Proteinproduktion in Zellen eingreift, um die Proteinhomöostase der Darmzellen zu erhalten. Die körpereigene Proteinproduktion startet mit dem Kopieren der DNA und der Erstellung des Bauplans, der messenger-RNA (mRNA), im Zellkern. Die mRNA wird danach zum Endoplasmatischen Retikulum (ER) geführt, wo aus dem Bauplan ein Protein hergestellt wird. Fehlerhaft produzierte Proteine werden aus dem ER geschleust und abgebaut, um zellulären Müll und negative Folgen für die Physiologie und Funktionalität der Zelle sowie des Gewebes zu vermeiden.
Die ForscherInnen konnten beobachten, dass der RNAi-Mechanismus gezielt mRNAs am ER abbaut, bevor das Protein überhaupt hergestellt wird. So soll das ER vor Überlastung durch ein zu hohes Produktionsaufkommen geschützt werden.
Das Zusammenspiel von RNAi und bisher bekannten ER-Qualitätskontrollsystemen scheint für die allgemeine Darmgesundheit wichtig zu sein. Dies zeigt sich darin, dass ein gleichzeitiger Ausfall beider Mechanismen die wichtige Barrierefunktion des Darms schädigt. Die Ergebnisse der Studie weisen zudem auf einen Zusammenhang zwischen der Qualitätskontrolle des ERs und dem Schutz vor Virusinfektion hin. Zum Beispiel nutzen RNA-Viren wie das Coronavirus das ER zur Vermehrung. „Wir haben beobachtet, dass wir durch eine gezielte Überlastung des ERs die Viruslast deutlich unterdrücken konnten. Das Zusammenspiel aus Proteinhomöostase, RNAi und Virusinfektion könnte zukünftig ein wichtiger Ansatz für die Erforschung und Behandlung viraler Erkrankungen sein“, so Sotirios Efstathiou, einer der ErstautorInnen der Studie.

Literatur
1. Efstathiou S, Ottens F, Schütter LS, et al.: ER-associated RNA silencing promotes ER quality control. Nature Cell Biology 2022; 24: 1714–25.

Quelle: Universität zu Köln, Pressemeldung vom 07.12.2022



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 2/2023 auf Seite M75.

Das könnte Sie interessieren
Änderungen bei Kennzeichnung und Zusammensetzung für Honig & Co. weiter
Nachhaltige Gemeinschaftsverpflegung – Herausforderungen und Erfolgsfaktoren weiter
Immer häufiger Cannabinoide in Süßwaren weiter
Ernährungspyramide aktualisiert weiter
Supermärkte und Discounter fördern ungesunde Essgewohnheiten weiter
Kompetenzzentrum für Ernährung & Therapie eröffnet weiter