Epigenetik: Mütterliche Ernährung beeinflusst Fett- und Glukosestoffwechsel der Nachkommen
- 15.03.2016
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- Redaktion
Im Fokus einer aktuellen Studie [1] unter Führung des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) standen die epigenetischen Effekte auf die GIP-regulierten Stoffwechselwege, die während der Schwangerschaft und Stillzeit durch die Ernährung ausgelöst werden.
Das anabole Hormon GIP (gastric inhibitory polypeptide) wird im Darm nach der Nahrungsaufnahme freigesetzt und stimuliert die Insulinausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse. Es beeinflusst den Stoffwechsel von Fettzellen sowie die Fettverbrennung in der Skelettmuskulatur und fördert den Aufbau von Körpermasse. Seine Effekte vermittelt GIP über den so genannten GIP-Rezeptor. Fehlt dieser wie bei der Gipr-/--Maus, so kann das Hormon seine natürliche Wirkung nicht mehr entfalten und die Tiere sind normalerweise vor Übergewicht und Insulinresistenz geschützt. Da sich die GIP-regulierten Stoffwechselwege anhand des Gipr-/-- Mausmodells gut untersuchen lassen, verwendeten die Forscher diesen Mausstamm für ihre Studie. Als Kontrolle diente der Wildtyp-Stamm des Mausmodells.
Die Forscher teilten die Mausmütter in drei Gruppen ein, die während der Trag- und Stillzeit unterschiedliches Futter erhielten:
- Gruppe 1: Gipr-/--Mäuse (fettreiches Futter)
- Gruppe 2: Gipr-/--Mäuse (normales Futter)
- Gruppe 3: Wildtyp-Mäuse mit intaktem GIP-Rezeptor (normales Futter).
Alle Nachkommen der drei Gruppen bekamen nach dem Abstillen für 22 Wochen normales Futter und im Anschluss daran für weitere 20 Wochen eine fettreiche Kost.
Die Wissenschaftler beobachteten, dass die erwachsenen Nachkommen der Gruppen 1 und 3 unter der 20-wöchigen fettreichen Diät deutlich an Fettmasse zunahmen, obwohl sie weniger fraßen als der Nachwuchs von Gruppe 2. Ebenso hatten sie erhöhte Cholesterin-, Glukose- und Insulinspiegel im Blut, wiesen vermehrt entzündliche Reaktionen im Fettgewebe auf, hatten größere Fettzellen und verbrannten weniger Fett in der Muskulatur. Zudem war die Aktivität verschiedener Gene bei Gruppe 1 und 3 im Vergleich zu Gruppe 2 verändert. Betroffen waren Gene, die für die Fettverbrennung im Muskel und für Entzündungsprozesse im Fettgewebe eine Rolle spielen, oder die an der Regulation der Energieaufnahme durch das Gehirn beteiligt sind.
„Die veränderten Genaktivitäten ließen sich dabei z. T. auf DNA-Methylierungen, also epigenetische Veränderungen zurückführen“, sagt Professor Andreas F. H. Pfeiffer, Leiter der Abteilung Klinische Ernährung am DIfE. „Unsere Ergebnisse weisen zudem darauf hin, dass GIP auch für die durch das Gehirn gesteuerte Regulation der Energieaufnahme eine Rolle spielt, indem es vermutlich indirekt die Insulinempfindlichkeit des Hypothalamus vermindert“, so der Endokrinologe weiter. Dies sei eine ganz neue Erkenntnis. Inwieweit sich die Ergebnisse auf den Menschen übertragen ließen, müsse man weiter erforschen. Fest stehe jedoch, dass die Ernährung nicht nur direkten Einfluss auf ein Individuum hat, sondern auch noch dessen Nachkommen beeinflussen kann.
Literatur: 1. Kruse M, Keyhani-Nejad F, Isken F et al. (2016) A High Fat Diet during Mouse Pregnancy and Lactation targets GIP-regulated Metabolic Pathways in Adult Male Offspring. Diabetes 65 [DOI: 10.2337/db15-0478]
Quelle: DIfE, Pressemeldung vom 01.02.2016
Die Epigenetik untersucht veränderte Gen-Funktionen, die nicht auf eine Änderung der DNA-Sequenz zurückzuführen sind, aber dennoch vererbt werden können. Studien der letzten Zeit weisen verstärkt darauf hin, dass auch die Ernährung als Umweltfaktor den Aktivitätszustand von Genen nachhaltig beeinflussen kann, z. B. durch chemische Veränderung (Methylierung) der DNA-Bausteine. => In Ernährungs Umschau 5/2014 können Sie in der Rubrik „Basiswissen“ und dem Fortbildungsartikel mehr zu den Grundlagen der Genetik und Ernährungszusammenhängen lesen.
Den Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 03/16 auf Seite M135.