Stoffwechselmechanismen: Isomaltulose bei Typ-2-Diabetes besser geeignet als Haushaltszucker
- 15.03.2016
- Print-News
- Redaktion
Nach dem Verzehr des Zweifachzuckers Isomaltulose steigt der Blutglukosespiegel weniger stark an als nach dem Verzehr von Saccharose (Haushaltszucker), obwohl beide Zucker aus denselben Einfachzuckern (Glukose und Fruktose) aufgebaut sind und im Dünndarm komplett verdaut und aufgenommen werden. Dies ist durch verschiedene Untersuchungen belegt. Welche Stoffwechselmechanismen dem zugrunde liegen, untersuchten Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) nun im Rahmen einer Crossover-Studie an zehn erwachsenen Typ-2-Diabetikern [1].
50 g Isomaltulose ließen im Vergleich zu 50 g Haushaltszucker die Blutglukosewerte der Probanden durchschnittlich um 20 % weniger ansteigen; die freigesetzten Insulinmengen verringerten sich sogar um 55 %. Ebenso stiegen die GIP-Spiegel (gastric inhibitory polypeptide) im Blut nur sehr wenig an und erreichten erst nach 60 Min. einen Maximalwert. Nach Aufnahme des Haushaltszuckers erhöhten sich die GIP-Spiegel dagegen bereits nach 15 Min. um mehr als das Doppelte und fielen dafür aber auch schon nach etwa 60 Min. sehr stark ab. Auch hinsichtlich der GLP-1-Freisetzung (glucagon-like peptide-1) beobachteten die Wissenschaftler Unterschiede in der Wirkung der beiden Zucker. Nach dem Verzehr der Isomaltulose stieg der GLP-1-Spiegel stärker und länger anhaltend an als nach der Aufnahme des gebräuchlichen Zuckers. Hinsichtlich der Glukagonfreisetzung stellten die Wissenschaftler keine signifikanten Unterschiede fest.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die unterschiedlichen Stoffwechseleffekte der Zweifachzucker auf die chemisch unterschiedliche Bindung zwischen den beiden Einfachzuckern zurückzuführen ist. Während die Verdauungsenzyme Saccharose recht rasch in Glukose und Fruktose spalten, dauert dieser Vorgang bei Isomaltulose länger. Hierdurch passiert ein großer Teil der Isomaltulose ungespalten die oberen Abschnitte des Dünndarms samt K-Zellen und kann so dort die GIP-Freisetzung nicht wesentlich stimulieren. Die GLP-1-produzierenden L-Zellen befinden sich dagegen in den unteren Darmabschnitten und setzen aufgrund der erst jetzt vermehrt vorliegenden Einfachzucker verstärkt das Darmhormon frei. Wie frühere Studien der Wissenschaftler zeigen, kann GIP ungünstig auf den Stoffwechsel wirken und eine Fettleber sowie entzündliche Prozesse im Fettgewebe auslösen. Dies lässt annehmen, dass die ungünstigen Effekte von Haushaltszucker v. a. durch die Hormonantwort, d. h. die vermehrte GIP-Freisetzung bedingt sind.
Isomaltulose verringert also die GIP-Freisetzung und erhöht die GLP-1-Ausschüttung im Darm, erhält aber gleichzeitig ein gewisses Maß der Insulinfreisetzung, wodurch starke Schwankungen des Blutglukosespiegels ausbleiben. „Dies ist besonders für Menschen mit Typ-2-Diabetes vorteilhaft, da bei ihnen die Blutzuckerspiegel leicht entgleisen. Hinsichtlich der Regulation des Zuckerstoffwechsels ist Isomaltulose also deutlich besser geeignet als der gebräuchliche Haushaltszucker“, sagt Endokrinologe Professor Pfeiffer, Leiter der DIfE-Abteilung Klinische Ernährung. „Dennoch sollte man wissen, dass sie genauso viele Kalorien liefert wie andere Zuckerarten auch. Zudem schmeckt sie weniger süß, so dass man leicht verführt ist, mehr zu essen als vom Haushaltszucker.“
Literatur: 1. Keyhani-Nejad F et al. (2016) Effects of palatinose and sucrose intake on glucose metabolism and incretin secretion in subjects with type 2 diabetes. Diabetes Care 39: e1–e2
Quelle: DIfE, Pressemeldung vom 15.02.2016
Im Darm setzen so genannte L-Zellen GLP-1 frei, nachdem sie durch Kohlenhydrate, Eiweiße oder Fette stimuliert wurden. Das Peptidhormon hat eine Halbwertszeit von weniger als 2 Minuten, stimuliert die Insulinfreisetzung und hemmt gleichzeitig die Ausschüttung des hormonellen Insulingegenspielers Glukagon. Beides führt dazu, dass der Blutglukosespiegel sinkt. Zudem weisen Untersuchungen darauf hin, dass es die Insulinempfindlichkeit der Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse wiederherstellt und gleichzeitig ihrem Absterben entgegenwirkt. Darüber hinaus verzögert es die Aufnahme von Kohlenhydraten aus dem Darm und wirkt sättigend.
Nach der Nahrungsaufnahme setzen so genannte K-Zellen im Dünndarm GIP frei. Es gilt als belegt, dass GIP hauptsächlich die Insulinausschüttung durch die Beta-Zellen stimuliert. Hemmt man bei einer fettreichen Diät die Wirkung von GIP, wirkt dies einer entstehenden Fettsucht und Insulinresistenz entgegen. Zudem vermuten Wissenschaftler, dass GIP bei nachlassender Insulinwirkung eine entscheidende Rolle für den Wechsel von Fettoxidation zu Fettspeicherung spielt. So könnte es für die Sekundärprävention der Insulinresistenz eine wichtige Rolle spielen.
Den Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 03/16 auf Seite M134.