Leserbrief: „Undifferenzierte Vermischung von Fakten“
- 15.04.2016
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- Karin Hofinger
Karin Hofinger, Innsbruck-Igls/Österreich
Leserbrief zu: „Notfallbehandlungen in Zusammenhang mit Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln“ (Ernährungs Umschau 1/2016, S. M10)
[…] In dem Bericht [werden] verschiedenste Produktgruppen (Arzneimittel, EBD, NEM, Phytopräparate etc.) […] realitätsverzerrend gemeinsam als Nahrungsergänzungsmittel bezeichnet. […] Bei vielen der genannten (unter „NEM“ subsummierten) Produkte handelt es sich definitiv nicht um Nahrungsergänzungsmittel: […]
- Bei Diätmitteln gilt es zu differenzieren: Einerseits gibt es darunter stark wirksame Medikamente, andererseits stark quellende ergänzende bilanzierte Diätprodukte (EBM), drittens zweifelhafte (z. B. jodhaltige) NEM, die alle bei versehentlicher oder falscher Einnahme – wieder insbesondere bei Kindern – Komplikationen verursachen können. Die entscheidende Frage ist, welche Wirkstoffe die Verursacher der Probleme sind. […]
- Bei den genannten Mikronährstoff- räparaten, die für etwa ein Drittel der Notfälle (bei unbeaufsichtigter Einnahme durch Kinder) verantwortlich sind, wird nicht differenziert, ob es Arzneimittel (z. B. Eisen- oder Fluorpräparate, die für Kinder sehr schnell im toxischen Bereich liegen) oder niedrig dosierte NEM waren oder ob nicht das Verschlucken mit Atemnot an sich […] der Grund für den Notfall waren.
- Dass in der Diät- und Bodybuilding- Szene gefährliche (fallweise hormonhaltige) Produkte kursieren, ist keine Neuheit. Auch hier wären die tatsächlichen Auslöser der Zwischenfälle interessant.
- Bei Kalziumpräparaten (die bei über 65-Jährigen Notfälle verursachen können) handelt es sich meist um ärztlich verschriebene Medikamente, die tatsächlich bei mangelnder Blutspiegelkontrolle oder unsachgemäßer Verschreibung und Einnahme bei einigen Patienten (v. a. durch Wechselwirkung mit anderen Arzneien, bei vorhandener Grunderkrankung und häufig daraus resultierenden Elektrolytstörungen) kardiologische Notfälle verursachen können. Kalzium ist als Arzneimittel sehr sensibel/gezielt einzusetzen, richtig zu dosieren und vorsichtig mit anderen AM zu kombinieren.
[…] Ich zweifle nicht, dass es viele überflüssige und auch dubiose „NEM-Produkte“ – insbesondere im Anwendungsbereich Diät/Bodybuilding/ Potenzförderung – gibt. Es gibt aber auch unzählige Produkte, die bei sachgemäßer Verwendung durch die Person (für die das Mittel gedacht ist) sinnvoll und nützlich sind […]. Meines Erachtens sollte Nahrungsergänzung nur nach eingehender Beratung durch ernährungsphysiologisch-medizinisch-pharmazeutisch gebildete Fachleute erfolgen, um genau dies sicherzustellen.
Interessenkonflikt
Mag. pharm. Karin Hofinger ist in der Fortbildung von Apotheker/-innen sowie als Einzelunternehmerin unter www.vitalimpuls.com tätig. Ihr Tätigkeitsfeld umfasst Vorträge, Seminare, Kurse und Ernährungsberatung sowie u. a. Yoga und Meditation.
Anmerkung der Redaktion:
Die dem genannten Bericht zugrundeliegende Studie stammt aus den USA. Dort gibt es von Deutschland abweichende Regelungen und Begriffsdefinitionen zu frei verkäuflichen Nahrungsergänzungsmitteln, es gehören auch solche Präparate dazu, welche in Deutschland als rezeptpflichtige Arzneimittel gelten.
Den Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 04/16 auf Seite M198.