COVID-19: Risikofaktoren für erhöhte Sterblichkeit bei jüngeren COVID-19-PatientInnen

Adipositas, ein gestörter Blutglukosestoffwechsel und Bluthochdruck erhöhen bei jungen Erwachsenen und Menschen im mittleren Lebensalter das Risiko an COVID-19 zu sterben auf ein Maß, welches sonst nur bei älteren Menschen beobachtet wird. Das zeigt eine aktuelle Studie [1], die auf Daten des europäischen Fallregisters für PatientInnen mit SARS-CoV-2-Infektion (LEOSS) basiert.

Ältere Menschen und insbesondere Männer haben ein besonders hohes Risiko, schwer an COVID-19 zu erkranken und daran zu sterben [2]. Auch Adipositas und erhöhte Blutglukosewerte gelten als Risikofaktoren für schwere Verläufe. Welchen Effekt jedoch mehrere Vorerkrankungen in Kombination auf den Verlauf einer SARSCoV-2-Infektion haben, ist Untersuchungsgegenstand des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD), des Instituts für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrums München an der Universität Tübingen (IDM) und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF). Um herauszufinden, ob Übergewicht, Diabetes und ein erhöhter Blutdruck die Schwere einer COVID-19-Erkrankung beeinflussen, haben Forschende u. a. Daten von 3 163 PatientInnen mit SARS-CoV-2-Infektion aus dem europäischen Fallregister LEOSS [3] ausgewertet.
„Dabei zeigte sich, dass Adipositas, ein gestörter Blutglukosestoffwechsel und ein Bluthochdruck einen additiven Effekt auf die COVID-19-bedingte Sterblichkeit haben – und dies vor allem bei vergleichsweise jüngeren Erkrankten im Alter zwischen 18 und 55 Jahren“, erläutert Erstautor Prof. Dr. Stefan. Menschen dieser Altersgruppe mit allen drei Vorerkrankungen haben demnach ein ähnlich erhöhtes Sterberisiko wie ältere Menschen (56–75 Jahre), die metabolisch gesund und nicht adipös waren. „Es ist daher besonders wichtig, die medizinische Überwachung und Therapie von jüngeren COVID-19-Patienten zu intensivieren. Insbesondere dann, wenn entweder Übergewicht, ein Diabetes oder ein erhöhter Blutdruck vorliegen“, sagt Letztautor Prof. Dr. Birkenfeld, Ärztlicher Direktor der Medizinischen Klinik IV der Universität Tübingen, Leiter des IDM und Sprecher des DZD.
Die COVID-19-Pandemie zeigt deutlich, dass es von Seiten der Politik wichtig ist, weitreichende Präventionsmaßnahmen umzusetzen, um dem Vormarsch der nicht-übertragbaren Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht entgegenzuwirken. „Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, die gesundheitsförderndes Verhalten möglich machen und die Verhältnisse in Bezug auf Bewegung und Ernährung so verändern, dass alle Bundesbürger davon profitieren“, sagt Prof. Dr. Fritsche, Vizepräsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) vom IDM. „Dazu gehören insbesondere gezielte individuelle Präventionsmaßnahmen für Hochrisiko-Populationen, wie wir sie kürzlich in der Prädiabetes Lebensstil Intervention Studie (PLIS) gezeigt haben [4].“

Literatur

  1. Stefan N, et al. Frontiers in Medicine 2022; DOI: doi.org/10.3389/fmed.2022.875430. 
  2. Robert Koch-Institut. Journal of Health Monitoring 2021. www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/JoHM_S2_2021_Risikogruppen_COVID_19.pdf?__blob=publicationFile  (last accessed on 19 May 2022).
  3. Lean European Open Survey for SARS-CoV-2 Infected Patients (LEOSS). https://leoss.net  (last accessed on 19 May 2022).
  4. Fritsche A, Wagner R, Heni M, et al. Diabetes 2021; 70(12): 2785-95.

LEOSS Studie
Auf Initiative der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI) wurde gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) ein europäisches Fallregister aufgelegt, in dem klinische Daten für PatientInnen mit SARS-CoV-2-Infektion gesammelt werden. LEOSS ist eine europäische nicht-interventionelle multizentrische Kohortenstudie. Das im März 2020 gestartete Register zeichnet sich dadurch aus, dass alle gesammelten Daten der wissenschaftlichen Gemeinschaft zur gemeinsamen Analyse zugänglich sind.

Quelle: DZD und DDG, Pressemeldung vom 16.05.2022



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 6/2022 auf Seite M297.

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