Stillen und Beikost: Lässt früher eingeführte Beikost Babys länger schlafen?

Mütter sollten nach Möglichkeit ein halbes Jahr, mindestens jedoch 4 Monate ausschließlich stillen. Anschließend werden Breie zugefüttert, meist in Kombination mit dem Stillen, was dem Baby die Umstellung auf die zusätzliche Nahrung erleichtert. Laut einer britischen Studie schliefen Babys länger, wenn damit bereits ab dem 4. Monat begonnen wurde [1].

Die „The Enquiring About Tolerance (EAT)“-Studie des King’s College London und der St George’s University of London sollte vorrangig untersuchen, ob Kinder, die schon ab dem vierten Monat parallel zum Stillen Protein aus allergieauslösenden Lebensmitteln (u. a. Ei, Erdnuss) erhalten hatten, mit 3 Jahren seltener an Allergien auf diese Lebensmittel litten. Dazu wurden zwischen Januar 2008 und August 2015 insgesamt 1 303 ausschließlich gestillte 3 Monate alte Babys einbezogen und in 2 Gruppen aufgeteilt: Die Mütter der einen Gruppe sollten etwa 6 Monate lang ausschließlich stillen. Bei den Kindern der zweiten Gruppe, die ebenfalls weitergestillt wurden, sollte bereits nach 3 Monaten Beikost in die Ernährung integriert werden. In einer Sekundäranalyse wurden die Daten aus den begleitenden Befragungen der Mütter dahingehend ausgewertet, ob die frühere Einführung der Beikost einen Einfluss auf Schlaflänge und Aufwachhäufigkeit der Babys sowie die Lebensqualität der Mütter hatte. Die Eltern füllten bis zum ersten Geburtstag ihres Kindes monatlich einen Online-Fragebogen aus, danach alle 3 Monate bis zum Alter von 3 Jahren.

Eine Viertelstunde mehr Schlaf pro Nacht

Die Studie ergab, dass Säuglinge in der Gruppe mit früher Beikosteinführung nur wenig, aber signifikant länger schliefen und weniger oft aufwachten als die ausschließlich gestillten Kinder. Die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen erreichten nach 6 Monaten ihren Höchststand, wobei die Beikost-Gruppe pro Nacht eine Viertelstunde (im Mittel 16,6 min) länger schlief und die Frequenz, wie oft die Kinder aufwachten, von etwas mehr als zweimal pro Nacht auf 1,74 Mal abnahm. Von der längeren Schlafzeit der Kinder profitierte auch das mütterliche Wohlbefinden: Von der Gruppe der Mütter, die früher Beikost einführten, wurden seltener Schlafprobleme berichtet. Obwohl es offiziell hieße, dass der Beginn von fester Nahrung Babys nicht dazu bringe, nachts besser zu schlafen, lege diese Studie nahe, dass dies überprüft werden müsse, so Erstautor Professor Gideon Lack vom King’s College London.

Literatur:
1. Perkin MR, Bahnson HT, Logan K et al. (2018) Association of early introduction of solids with infant sleep: A secondary analysis of a randomized clinical trial. JAMA Pediatr [DOI: 10.1001/jamapedia trics.2018.0739]

Quelle: Kings College London, Pressemeldung vom 10.07.2018

Anmerkung der Redaktion: Besser gesättigt länger schlafen?
Muttermilch enthält die meisten wichtigen Nährstoffe, die ein Baby zur gesunden Entwicklung braucht.
Muttermilch enthält die meisten wichtigen Nährstoffe, die ein Baby zur gesunden Entwicklung braucht.

(scs) In Deutschland gilt die Empfehlung, ca. 6 Monate, jedoch nicht weniger als 4 Monate voll zu stillen und danach, solange es für Mutter und Kind passt, weiter zu stillen. Nach Wochen häufig unterbrochener und/oder kurzer Nächte suchen jedoch – Empfehlungen hin oder her – viele übernächtigte Mütter nach Mitteln, dass ihr Baby besser und oder länger schläft. Eine bessere Sättigung des Kindes scheint ihnen hierfür vielversprechend und wurde ja auch jetzt von dieser Studie bestätigt, wenn auch nur für einen durchschnittlich 16 Minuten längeren Schlaf. Die Babynahrungsindustrie kommt diesem Wunsch schon lange nach, indem Produkte mit den Attributen „sämig“ (Säuglingsmilchnahrung Nr. „1“ und „2“) und „gut sättigend“ (Säuglingsmilchnahrung Nr. „2“ und „Abend“breie) versehen werden. Die Erkenntnisse der Studie des Kings College werden dabei seit Jahrzehnten vorausgesetzt, dass nämlich eine bessere Sättigung durch Beikost den Schlaf verbessert. Ob das im Einzelfall dann tatsächlich so zutrifft, sei dahingestellt, aber einen Versuch scheint es nach häufigem Schlafentzug Müttern wert zu sein. Und wer möchte ihnen das verübeln, soll doch das Baby auch tagsüber eine fröhliche und aktive Mutter haben, die es bestmöglich betreut – ein Dilemma.

Glücklicherweise sind die unsäglichen „Gute-Nacht-Trinkbreie“ „für einen guten Schlaf“, die vor einigen Jahren (wieder) auf den Markt kamen, wieder verschwunden und die Babynahrungshersteller halten sich artig an die Empfehlungen, Brei nur nach dem 4. Monat und nur vom Löffel zu empfehlen – sogar der Brei aus den neuen „Quetschies“ soll unglaubhafterweise per Löffel gegeben werden.

In Zeiten verminderter Bewegung und drohender Überfütterung des Nachwuchses sollte denn auch genau überlegt werden, wie früh man als Mutter anfängt Beikost zu füttern. Denn die Erfahrung zeigt, dass, ist der Stillprozess einmal unterbrochen, er auch früher beendet und die säuglingsangepasste Muttermilch dann durch vielerlei dieser qualitativ unterlegenen „Baby“produkte (z. B. Keksbrei, immer noch ein Renner) ersetzt wird. Denn die Zeit, bis das Kind am Tisch mitessen kann, ist lang. Mütter sollten also nicht zu früh aufgeben. Die Hoffnung, ein satteres Baby könnte weniger oft aufwachen, erweist sich allzuoft als trügerisch und ist kein guter Grund, zu früh mit zusätzlicher Nahrung neben der Muttermilch zu beginnen oder gar abzustillen. Dies betont übrigens auch der Studienautor der EAT-Studie.



Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 8/2018 auf Seite M421.

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