Diabetes mellitus Typ 2: Neue Version der Nationalen VersorgungsLeitlinie veröffentlicht

Da jeder vierte Mensch in Deutschland zwischen 75 und 85 Jahren an Diabetes mellitus Typ 2 leidet, berücksichtigt die überarbeitete Version der Nationalen VersorgungsLeitlinie (NVL) Typ-2-Diabetes nun wesentlich mehr Aspekte für hochaltrige Patient*innen. Aktuell hat sich die multidisziplinäre Leitliniengruppe mit den Themenbereichen Epidemiologie, Screening und Diagnostik befasst.

Dr. Andrej Zeyfang, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Altersmedizin und Diabetologie an der Medius-Klinik in Ostfildern-Ruit sowie Leiter der DGG-Arbeitsgruppe Diabetes, hat zusammen mit Dr. Anke Bahrmann, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Geriatrie und Pflege der Deutschen Diabetesgesellschaft, wichtige Leitlinieninhalte für ältere Menschen mit Typ-2-Diabetes beigesteuert: Wie die Erkrankung diagnostiziert wird und für wen eine Früherkennung sinnvoll sein kann, haben die Autor*innen in den überarbeiteten Kapiteln der NVL beantwortet.
Aspekte rund um die Themen Frailty (Gebrechlichkeit), Lebensqualität, Demenz und Depression sind in der neuen Leitlinienversion erstmals berücksichtig worden. Zudem wurde aufgeschlüsselt, welche Faktoren bereits bei der Anamnese eine Rolle spielen sollten. „Wir zeigen, auf welche geriatrischen Syndrome geachtet werden soll und wie das geriatrische Assessment anzuwenden ist“, erklärt Zeyfang. Auch soll mit wiederkehrenden Missverständnissen aufgeräumt werden: Gewichtsreduktion bei Frailty sei laut Zeyfang unerwünscht. Weiter sind konkrete Handlungsanweisungen wie Demenztestung, Abschätzung des Sturzrisikos oder der Geldzähltest erstmalig in der NVL enthalten – zur besseren Einschätzung der Fähigkeit, Insulin selbst zu spritzen.
Als Ergebnis eines intensiven Abstimmungsprozesses stellt die Leitliniengruppe zudem einen neuen Diagnosealgorithmus vor und spricht Empfehlungen zum Screening und zur Diagnostik für Personengruppen mit unterschiedlichem Diabetesrisiko aus.
„Anders als früher sollten wir uns bei der Diagnose nicht mehr nur auf einen zentralen Wert beschränken, sondern mindestens einen weiteren – wenn nicht gar mehrere – Diagnosewerte mit einbeziehen. Die entsprechenden Laboruntersuchungen ermöglichen dies. So verhindern wir Unter- wie auch Überdiagnosen“, sagt Anke Bahrmann. Ziel des Screenings und der Diagnostik sei es, die Stoffwechselstörungen zu erkennen, deren Therapie einen relevanten Vorteil für die Betroffenen bringt.
Wurde ein Typ-2-Diabetes diagnostiziert, sind regelmäßige Untersuchungen auf Folge- und Begleiterkrankungen wichtig. Welche Untersuchungen sich für die frühzeitige Erkennung eignen und wie oft sie erfolgen sollen, stellt die Leitlinie in zwei Tabellen dar. Neue Evidenz zur medikamentösen Therapie stützt sowohl die Therapiewahl nach kardiovaskulärem Risiko als auch die vorgeschlagenen Substanzen in der nächsten Therapiestufe. Bei der Überwachung auf Nebenwirkungen und Komplikationen fanden in der NVL auch aus geriatrischer Sicht wichtige Empfehlungen Platz: „Die Aufnahme der Arzneistoffe Metformin und sogenannter SGLT-2-Hemmer sollte an den Tagen pausiert werden, an denen Betroffene anderweitig krank sind, zum Beispiel bei Grippe oder Durchfällen“, sagt Zeyfang. Weitere Kapitel zur nicht-medikamentösen Therapie und Folgeerkrankungen werden nun zeitnah bearbeitet und ergänzt.

Die NVL ist auf den Internetseiten des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ) kostenlos abrufbar:
→ www.aezq.de/aezq/publikationen/leitlinien 

Quellen:
• Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG), Pressemeldung vom 27.06.2023
• Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin, Pressemeldung vom 15.05.2023



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 8/2023 auf Seite M474.

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