Repräsentative Studie: Ursachen von Lebensmittelverschwendung

In Deutschland werden laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft jährlich 78 kg pro Kopf an Lebensmitteln weggeworfen. Vor allem im privaten Haushalt landen Lebensmittel oft direkt nach dem Einkauf in der Mülltonne.

Verhaltensökonomin Helen Zeidler von der Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) analysierte kürzlich in einer Studie die Ursachen für dieses Verhalten. Sie erhob in einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage den gesamten Prozess des Lebensmittelkonsums von der Planung des Einkaufs bis zum Verzehr und der Entsorgung. Hierzu befragte sie 1273 Teilnehmende zweimal mit mehrmonatigem Abstand und erfasste dabei Informationen zum Lebensmittelkonsum: Welche Produkte wurden in den vergangenen sieben Tagen weggeworfen und warum? Sind auch zubereitete Speisen im Müll gelandet? Außerdem erfragte sie die generellen Einstellungen und Haltungen der Teilnehmenden ab.
Die Ergebnisse zeigen, „dass insbesondere diejenigen Personen zum Wegwerfen von Lebensmitteln neigen, die sich zwar Pläne für die Zukunft machen, dann jedoch davon abweichen – etwa im Hinblick auf die Absicht, mehr Sport zu treiben oder Geld zu sparen“, so Zeidler. Solche Vorhaben brächten zwar Vorteile in der Zukunft, seien jedoch in der Gegenwart mit Aufwand verbunden.
Das bedeutet, solche Menschen kaufen zwar gesunde Produkte ein, deren Zubereitung ist jedoch im Vergleich zu Fertigprodukten oder Snacks aufwendiger. Dieser Personenkreis weiche also vom ursprünglichen Plan ab, der beim Einkaufen gefasst wurde.
Laut Studie neige knapp die Hälfte der Befragten dazu, zu Hause von Plänen abzuweichen, die sie beim Einkauf getroffen haben. Dabei mache weder Geschlecht noch Bildungsgrad einen Unterschied. Auch nicht, ob die Menschen auf dem Land oder in der Stadt wohnen. Allerdings zeigte sich, dass ältere Menschen tendenziell weniger Lebensmittel entsorgen, ebenso Befragte, die mehr Erfahrung in der Zubereitung von Speisen hätten. Zudem zeigte sich, dass Personen die öfter – und vielleicht weniger gezielt – einkaufen, mehr Lebensmittel wegwerfen.
Die überwiegende Mehrheit der Lebensmittel wird nach Angaben der Studie bei der Lagerung verschwendet: 57 % der befragten Personen gaben an, dass sie in den letzten sieben Tagen zu Hause Lebensmittel gefunden hatten, die verdorben waren. 24 % warfen Lebensmittel weg, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten war und 20 % der Befragten gaben an, Reste weggeworfen zu haben, die im Kühlschrank oder Gefrierschrank zum weiteren Verzehr aufbewahrt wurden.
Laut Zeidler sei das Verhalten des Personenkreises, der zu Lebensmittelverschwendung neige, eine Konsequenz, die nicht beabsichtigt sei. Dass der beim Einkauf verlockende Salat dann doch im Kühlschrank in Vergessenheit gerät, weil er erst zubereitet werden muss, sei auf eine tendenzielle Ungeduld zurückzuführen. Außerdem habe die heutige ständige Verfügbarkeit von vorproduzierten preiswerten Speisen zu einer grundlegenden Veränderung im Verhalten beigetragen – der entscheidende Faktor, der Lebensmittelverschwendung erst ermögliche, so Zeidler.

Working Paper der Studie:
www.ku.de/wfi/mikro/forschungsprojekt-lebensmittelkonsum 

Lesen Sie zum Thema Lebensmittelverschwendung auch den Beitrag Wie der Herausforderung Food Waste begegnen? von Benedikt Jahnke ab S. M500 in dieser Ausgabe.

Quelle: Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Pressemeldung vom 19.04.2023



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 8/2023 auf den Seiten M474 bis M475.

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