Chronisch entzündliche Darmerkrankungen: Botenstoff schützt Zellen im Darm

Warum Menschen an chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie der Colitis ulcerosa (CU) erkranken, ist nur bruchstückhaft verstanden. Man weiß jedoch, dass die Bakterien der Darmflora und eine Fehlsteuerung des Immunsystems eine wichtige Rolle spielen.

Bei CED-Erkrankten sterben vermehrt Epithelzellen der Darmwand ab. Daraufhin gelangen Bakterien aus dem Inneren des Darms in die geschädigte Darmwand und rufen dort Entzündungen hervor. Diese Entzündungen wiederum führen zu einem weiteren Absterben von Epithelzellen. Die Darmbarriere, die Barriere zwischen dem Darminhalt und der Darmwand, wird durchlässiger. Mit zunehmendem Zelltod schreitet auch die Krankheit voran, denn in der geschädigten Darmwand siedeln sich weitere Bakterien an – ein Teufelskreis.

Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Christoph Becker von der FAU forscht zu diesem Mechanismus an Mäusen und Gewebezellen von CU-Erkrankten. Dabei ist es auf einen Wirkstoff gestoßen, der den Zelltod verringert und damit möglicherweise als Therapie bei CED eingesetzt werden könnte.
In ihren Untersuchungen an Mäusen sowie Humanzellen von Menschen mit CU zeigte sich, dass ein Botenstoff namens Prostaglandin E2 die Epithelzellen vor einer besonderen Form des Zelltods, der Nekroptose, bewahren kann. Prostaglandine sind hormonähnliche Botenstoffe und zeigen vielfältige Wirkungen im Organismus. Sie werden bei Entzündungen freigesetzt. Wie sie Entzündungsprozesse regulieren, ist jedoch noch nicht vollständig verstanden.

In den vergangenen Jahren hatten die ForscherInnen bereits zeigen können, dass die Fehlregulation der Nekroptose zu Zelltod und somit zu Lecks in der Darmbarriere führt. Prostaglandin E2 verhindert dies, indem es an auf den Epithelzellen vorhandene Rezeptoren mit der Bezeichnung EP4 bindet. Je mehr dieser Rezeptoren aktiviert werden, so das FAU-Team, umso weniger Zellen sterben ab. PatientInnen mit viel EP4 auf der Zelloberfläche zeigen einen milderen Krankheitsverlauf als PatientInnen mit wenig EP4.

Die Aktivierung der Rezeptoren durch Prostaglandin E2 wirkt somit dem Fortschreiten der Darmentzündung entgegen. Gemeinsam mit KollegInnen in Kanada testeten sie ein künstlich hergestelltes Molekül, das wie Prostaglandin E2 den EP4-Rezeptor aktivieren kann. Durch eine Behandlung mit diesem Molekül konnte der exzessive Zelltod in der Darmbarriere verhindert und somit das Eindringen von Bakterien blockiert werden. Diese Erkenntnisse bieten einen möglichen neuen Behandlungsansatz für Colitis ulcerosa und andere chronisch-entzündliche Darmerkrankungen.

Quelle: Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg, Pressemeldung vom 11.08.2021



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 9/2021 auf Seite M508.

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